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Iran: Auf Reserve

Der Westen erwägt ein Benzinembargo gegen den Iran. Doch Obama zögert noch: Es könnte Ahmadinedschad in die Hände spielen.

An Drohungen mangelt es nicht. Egal ob Hillary Clinton, Angela Merkel, Nicolas Sarkozy oder Benjamin Netanjahu, wenn es um den künftigen Umgang mit dem Iran und seinen Atomplänen geht, waren in den letzten Wochen starke Worte über „harte“ und „lähmende“ Sanktionen schnell bei der Hand. Und alle politischen Akteure preisen das gleiche Wundermittel an – ein Benzinembargo gegen Teheran. Der amerikanische Kongress hat eine entsprechende Gesetzesvorlage in der Schublade. Nur einer schweigt noch: US-Präsident Barack Obama.

Erstmals seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl im Iran stecken an diesem Mittwoch die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats plus Deutschland wieder die Köpfe zusammen, um den künftigen Kurs abzustecken. Beschlüsse stehen bei dem Treffen nahe Frankfurt nicht auf der Tagesordnung. Nägel mit Köpfen will man erst auf dem UN-Gipfel am 23. September oder dem anschließenden G-20-Gipfel in Pittsburgh machen. Und falls China und Russland nicht mitspielen, soll eine neue „Koalition der Willigen“ das Embargo durchziehen.

Denn die Achillesferse der Islamischen Republik scheint gefunden. In den westlichen Hauptstädten erinnert man sich noch gut an die wütenden Proteste vor iranischen Tankstellen, als Präsident Mahmud Ahmadinedschad vor zwei Jahren eine Rationierung des staatlich subventionierten Sprits einführte. Der Iran ist zwar fünftgrößter Rohölexporteur der Welt, hat aber nicht genug Raffinerien, um seine eigene Bevölkerung ausreichend zu versorgen, auch weil deren Benzinverbrauch zu den höchsten der Welt zählt. Momentan fehlen 40 Prozent, das sind zwölf Tankerladungen pro Monat, die sich Teheran von europäischen, russischen und indischen Konzernen liefern lässt – darunter Vitol und Glencore aus der Schweiz, Total aus Frankreich, BP aus Großbritannien, Lukoil aus Russland und Reliance aus Indien.

Doch so klar die Ausgangslage am grünen Tisch ist, ein Kraftstoffembargo könnte dem Teheraner Regime am Ende in die Hände spielen. Inzwischen modernisiert der Iran sieben seiner neun Raffinerien. Sieben weitere sind geplant oder bereits im Bau – beteiligt sind Konzerne aus halb Europa und Japan, vor allem aber aus China. Zwei neue Anlagen sollen demnächst in Betrieb gehen, dann ist der Iran weitgehend autark. In fünf Jahren will die Islamische Republik selbst Benzin auf dem Weltmarkt anbieten.

Aber auch auf der Verbraucherseite hat sich einiges getan. Bis vor zwei Jahren subventionierte der Iran den gesamten Sprit auf umgerechnet acht Eurocent pro Liter herunter. Das förderte die Verschwendung, ließ den Schmuggel blühen und verschlang nach Berechnungen von Wirtschaftsexperten zwischen zehn und zwanzig Prozent des Bruttosozialprodukts – drei Missstände, die Ahmadinedschad beseitigen wollte. 2007 machte er den ersten unpopulären Schritt und ließ Tankkarten einführen: Seitdem bekommen die Autofahrer noch 80 Liter im Monat zu subventionierten Preisen. Mit einem Embargo bekäme Ahmadinedschad endlich den Vorwand geliefert, die Spritsubventionen ganz zu beenden, das Volk zu Sparsamkeit anzuhalten sowie alternative Energieträger auszubauen. So weit wird es wohl auch aus anderen Gründen nicht kommen: Am Dienstag signalisierte die Regierung, über das Atomprogramm verhandeln zu wollen.

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