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Politik: „Iran braucht Sicherheitsgarantien“

Ex-Waffeninspekteur Hans Blix über Teheran und Nordkorea

Herr Blix, im Atomstreit mit Teheran hat Irans Außenminister Manutschehr Mottaki die EU-Staaten aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Sollten Frankreich, Großbritannien und Deutschland darauf eingehen?

Ich bin nicht mit jedem taktischen Schritt in den Atomverhandlungen mit dem Iran vertraut. Deshalb maße ich mir nicht an, Ratschläge dazu zu geben. Jedoch ist die Kommission zu Massenvernichtungswaffen, die ich vertrete, zu folgendem Schluss gekommen: Die meisten Staaten, die mit Atomwaffen liebäugeln, machen dies wegen ihrer speziellen Wahrnehmung ihrer eigenen Sicherheitsinteressen. Dies gilt sowohl für den Iran als auch für Nordkorea. Wenn unser Interesse also darin besteht, den Iran nicht zur Uran-Anreicherung zu ermutigen, dann müssen wir auch an das Sicherheitsinteresse denken, das Teheran haben könnte.

Wie könnte eine Sicherheitsgarantie für den Iran konkret aussehen?

Im benachbarten Irak sind sehr viele US-Soldaten konzentriert. Es gibt US-Stützpunkte in Pakistan, in Afghanistan und so weiter. Eine Sicherheitsgarantie müsste die Zusicherung beinhalten, dass es keinen Angriff von außen auf den Iran gibt – und am besten auch eine Zusage, dass ein Regimewechsel im Inneren ebenfalls nicht angestrebt wird.

Im Moment wird eher über UN-Sanktionen gegen Teheran diskutiert.

Ich glaube nicht, dass solche Sanktionen sehr hilfreich sein werden. Man kann mit Zuckerbrot und Peitsche arbeiten. Das Risiko besteht nur darin, dass die betroffenen Länder sich in ihren atomaren Ambitionen bestätigt sehen, wenn man zu oft die Peitsche schwingt.

Ist es richtig, am Verzicht auf die Anreicherung von Uran als Vorbedingung für Gespräche mit dem Iran festzuhalten?

Diese Bedingung ist schon sonderbar: Einerseits will man mit dem Iran langfristig über die Aussetzung der Urananreicherung verhandeln. Andererseits verlangt man von Teheran, die Anreicherung zu beenden, bevor man sich überhaupt an den Tisch setzt. Welcher Pokerspieler spielt schon die Trumpfkarte aus, bevor die Partie überhaupt begonnen hat?

Wie bewerten Sie die UN-Sanktionen gegen Nordkorea, die unter anderem ein Embargo für Nukleartechnologie vorsehen?

Ich teile natürlich das Ziel, dass Nordkorea seinen Status als Nuklearstaat wieder aufgibt. Ich glaube aber nicht, dass die UN-Sanktionen gegen Nordkorea sehr bedeutsam sind. Nordkorea verfügt bereits über Plutonium. Also ist zumindest das Verbot des Imports von Nukleartechnologie nicht wesentlich. Ich werde den Verdacht nicht los, dass es in den USA vor den Kongresswahlen im November aus innenpolitischer Sicht notwendig ist, hart gegenüber Pjöngjang aufzutreten.

Das Gespräch führte Albrecht Meier.

Hans Blix ist seit 2003 Vorsitzender

der Kommission zu Massenvernichtungswaffen in Stockholm. Bekannt wurde er als UN-Chefwaffeninspekteur vor dem Irakkrieg von 2003.

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