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Iran: Chatami ruft – und die Großen der Welt kommen

Mit einer internationalen Religionskonferenz dokumentiert Irans Ex-Präsident, wie sehr sein Land unter der Isolation leidet - und bereitet damit gleichzeitig seine erneute Kandidatur bei der kommenden Präsidentenwahl vor.

Der Ärger von Mohammed Chatami war gut gespielt. „Werten Sie die Konferenz nicht mit solchen Spekulationen ab“, tadelte er Journalisten, die wissen wollten, ob das Treffen etwas mit der kommenden Präsidentenwahl im Iran zu tun habe. Allen Dementis zum Trotz – das politische Signal des zweitägigen Kongresses ist unübersehbar. Während die Großen der Welt einen weiten Bogen um den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad machen, kommen sie zahlreich und gerne, wenn Vorgänger Chatami ruft. Ein Dutzend früherer Regierungschefs aus Europa, darunter die Ex-Ministerpräsidenten Italiens und Frankreichs, Romano Prodi und Lionel Jospin, sowie der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan fanden sich am Montag und Dienstag in Teheran ein, um über „Religion in der modernen Welt“ zu diskutieren. Die meisten der prominenten Gäste begleiteten Chatami anschließend noch auf einem privaten Abstecher in dessen Geburtsstadt Jasd.

„Was heutzutage als Islam dargestellt wird, ist nicht dasselbe wie echte Religiosität“, sagte Chatami in seiner Eröffnungsrede im Teheraner Raizan-Konferenzzentrum und warb für „Freundschaft zwischen den Anhängern verschiedener Religionen“. Der frühere norwegische Ministerpräsident Kejll Magne Bondevik griff in seiner Rede Ahmadinedschad frontal an, verurteilte dessen Drohung, „Israel von der Weltkarte zu radieren“, und forderte ihn auf, die vom Parlament geplante Todesstrafe für Konvertiten zu stoppen.

Noch hat Chatami seine Kandidatur für das Rennen am 12. Juni 2009 um die Präsidentschaft nicht offiziell erklärt, auch wenn er sich in den letzten Wochen mit scharfer Kritik an der Außen- und Wirtschaftpolitik seines Nachfolgers zurückmeldete. Dessen „harsche und unüberlegte Standpunkte“ kämen den Iran teuer zu stehen, sagte er.

Nun präsentierte sich der intellektuelle Geistliche im Kreis seiner westlichen Gäste als gesuchter Dialogpartner und als einziger iranischer Staatsmann von Weltrang. Der Iran wäre nicht diplomatisch isoliert und könnte eine respektierte Nation auf internationaler Bühne sein, wenn das Land eine andere Führung hätte, lautet das Signal an die eigene Bevölkerung, die immer unruhiger wird. Die Öleinnahmen sinken, die westlichen Sanktionen wirken, und es droht eine Rezession. Letzte Woche organisierten die mächtigen Basarhändler in allen großen Städten einen Generalstreik. Auslöser waren die Pläne Ahmadinedschads, eine dreiprozentige Mehrwertsteuer einzuführen, die die Preise weiter erhöht hätte. Nervös lenkte die Regierung ein, und die Händler öffneten ihre Läden wieder. Doch die Unzufriedenheit schwelt weiter.

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