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Politik: Iran: Jenseits des Schleiers

"Es war richtig, auf Chatami zu setzen." Die Grünen-Politikerin Antje Vollmer fühlt sich nach einer Iran-Reise "zusätzlich bestätigt" darin, dass der umstrittene Empfang des iranischen Präsidenten in Deutschland im Juli gerechtfertigt war.

"Es war richtig, auf Chatami zu setzen." Die Grünen-Politikerin Antje Vollmer fühlt sich nach einer Iran-Reise "zusätzlich bestätigt" darin, dass der umstrittene Empfang des iranischen Präsidenten in Deutschland im Juli gerechtfertigt war. Weniger sicher ist sie dagegen, ob die Strategie der grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung "wirklich hilfreich war", in dieser "risikoreichen" Phase der iranischen Politik Vertreter des Reformlagers zu öffentlichen Auftritten nach Berlin einzuladen. Mehrere Teilnehmer der Konferenz, die von konservativen Kräften gegen die Reformer instrumentalisiert wurden, sitzen bis heute in Iran im Gefängnis.

Die stellvertretende Bundestagspräsidentin Vollmer, die mit dem Kulturausschuss des Bundestages im September fünf Tage in Iran und anschließend in Palästina und Ägypten unterwegs war, zeigt sich tief beeindruckt von der iranischen Gesellschaft. "Alle wirken sehr wach und konzentriert", erzählt sie, und warteten auf den Augenblick, wo die Machtverhältnisses es zuließen, die Entwicklung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die Intellektuellen in Ägypten dagegen wirkten "müde", in Palästina herrsche eher "Verzweiflung".

Die Unterstützung für den reformorientierten Chatami sei nach wie vor sehr groß - auch wenn unter den Parlamentsabgeordneten "blankes Entsetzen" darüber geherrscht habe, dass ihnen die Debatte des liberaleren Pressegesetzes vom religiösen Führer Chamenei untersagt wurde. Chatami hatte sich nicht zu dieser Provokation geäußert.

Die Optimisten setzen laut Vollmer darauf, dass Chatami nach der im Mai 2001 anstehenden Präsidentschaftswahl so gestärkt sei, dass er einen gradlienigeren Reformkurs fahren könne. Pessimistischere Stimmen befürchteten für diesen Fall ein gewaltsames Aufbäumen der konservativen Kräfte. Die Lage sei "extrem brisant", meint Vollmer. Eindeutig sei jedoch, dass die auch von einigen deutschen Parlamentariern unterstützte Auslandsopposition der Volksmujaheddin "null Rückhalt" bei den Iranern hätte. Da ist sich Antje Vollmer sicher.

Persönlich fand Vollmer es schwierig, beim Besteigen des Flugzeugs der Iran Air mit der "Härte der Scharia" konfrontiert zu werden, worunter in Iran das Tragen eines Tschadors für Frauen verstanden wird. Am Ende der Reise habe diese Einschränkung jedoch "an Gewicht verloren". Nicht zuletzt, weil die iranischen Frauen den deutschen Abgeordneten klargemacht hätten, dass die Verschleierung nicht ihr Hauptproblem sei, sondern eher ein Scheidungs- und Sorgerecht, das Frauen mehr Rechte zugesteht.

Das Interesse der Iraner an Kulturaustausch sei "wahnsinnig groß", der Besuch des in Deutschland eher unbedeutenden Kulturausschusses sei "sehr, sehr hoch gehängt" worden, meint die Politikerin. Gerade die Opposition habe ein sehr positives Deutschlandbild. Das Interesse gelte der deutschen Kultur - am Teheraner Institut für den Dialog der Kulturen hätten die Gesprächspartner nur so mit Habermas- und Heidegger-Zitaten um sich geworfen - , aber auch dem deutschen Demokratiemodell. Der Auswertung der Reise vorausgreifend, verkündet die Grünen-Politikerin, dass der Kulturausschuss die Wiedereröffnung des Goethe-Instituts unterstütze und darauf drängen will, sich intensiver um den Dialog mit dem Islam zu bemühen.

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