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Politik: Iran: Konservative wahren ihre Macht im Wächterrat

Das konservative Lager in Iran hat den neu ausgebrochenen Machtkampf mit den liberalen Kräften für sich entschieden. Gegen den Willen der liberalen Mehrheit bestimmte das iranische Parlament zwei Kandidaten für den konservativen Wächterrat.

Das konservative Lager in Iran hat den neu ausgebrochenen Machtkampf mit den liberalen Kräften für sich entschieden. Gegen den Willen der liberalen Mehrheit bestimmte das iranische Parlament zwei Kandidaten für den konservativen Wächterrat. Die Verfassungskrise ist abgewendet. Präsident Mohammed Chatami kann an diesem Mittwoch, vom Parlament für seine zweite, vierjährige Amtsperiode vereidigt werden und seine Regierung präsentieren.

Es war ein äußerst peinlicher Konflikt für die Staatsinstitutionen der "Islamischen Republik" aber auch für die Reformer, die sich fügen mussten, damit ihr Präsident seine Amtsgeschäfte wieder beginnen kann. Der Preis für die Beilegung der Krise, in der Chatami die Hände vollends gebunden blieben: Der "Wächterrat" bleibt voll in den Händen der Konservativen.

Nachdem das von Reformern dominierte Parlament mehrmals von der Justiz präsentierte Kandidaten für zwei offene Juristenposten im "Wächterrat" zurückgewiesen hatte, da diese politisch eindeutig den Konservativen angehörten und nicht neutral seien, verschob Präsident Ayatollah Ali Chamenei am Wochenende die Inauguration Chatamis. Begründung: Der "Wächterrat" müsse laut Verfassung vollständig bei der Zermonie im Parlament vertreten sein.

Als Chamenei daraufhin Ex-Präsident Rafsandschani, den Vorsitzenden des "Schlichtungsrates" - eines beratenden Gremiums, das in Streitfällen zwischen Parlament und "Wächterrat" vermittelt - zu Hilfe rief, stand fest, dass die Reformer trotz ihrer überwältigenden Mehrheit im Parlament wieder eine Schlacht verloren hatten. Rafsandschani nutzte die Gelegenheit, sich bei den Anhängern Chatamis für demütigende politische Niederlagen zu revanchieren, die er im Zuge der Parlamentswahlen im Vorjahr erlitten hatte. Durch eine Lockerung der Bestimmungen, nach denen die Kandidaten für den "Wächterrat" nicht mit absoluter, sondern nur mit relativer Mehrheit vom Parlament als gewählt gelten, sicherte er zwei konservativen Juristen den Einzug in dieses für die Reformgegner ganz entscheidende Machtgremium. Die beiden erhielten lediglich 67 beziehungsweise 62 Stimmen der 249 anwesenden Parlamentarier.

Hatte die überwältigende Wahl Chatamis zum Präsidenten 1997 den Konservativen einen schweren Schock verpasst, der sie zwei Jahre lang fast vollständig lähmte, so hat sie der erneute große Wahlsieg im Juni keineswegs unvorbereitet getroffen. Sie sind fest entschlossen, nicht nachzugeben, wenn ihre grundlegenden Interessen bedroht sind. Der "Wächterrat" ist neben der Justiz das wichtigste Machtinstrument in ihren Händen. Das Gremium hatte bereits in den vergangenen Monaten alle Reformgesetze blockiert. Chatamis Anhänger im Parlament haben keine Chance, ihr Programm zur Liberalisierung und Humanisierung des "Gottesstaates" durchzusetzen, wenn sich der "Wächterrat" dagegenstellt.

Birgit Cerha

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