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Iran: Teheran nimmt Atomprogramm wieder auf

Ungeachtet internationaler Proteste hat Iran sein umstrittenes Atomforschungsprogramm wieder aufgenommen. Zuvor hatten Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Organisation die Siegel an den Anlagen entfernt.

Wien/Teheran/Berlin - Ungeachtet internationaler Proteste will Iran die Urananreicherung «in geringem Umfang» wieder aufnehmen. Dies geht aus einer Erklärung hervor, die die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) am Abend veröffentlichte. Zuvor hatten iranische Techniker Siegel an der Atomanlage Natans und zwei weiteren Einrichtungen entfernt. IAEO-Generaldirektor Mohammed el Baradei kritisierte die Entscheidung Teherans zu einem Zeitpunkt, an dem seine Behörde noch keine völlige Klarheit über das Atomprogramm habe. Die fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats hatten Teheran in separaten Schreiben vor einseitigen Schritten gewarnt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich besorgt über die Zuspitzung im Konflikt um das iranische Atomprogramm. Sie unterstützte ausdrücklich die Bewertung von Außenminister Frank- Walter Steinmeier. Dieser hatte zuvor erklärt, der iranische Schritt könne nicht ohne Folgen bleiben. Der Minister stellte die für nächste Woche geplanten Verhandlungen zwischen der EU und Iran in Frage. Steinmeier bat El Baradei um eine Bewertung dessen, «was jetzt droht an iranischen Aktivitäten».

Die Europäische Union will am Donnerstag auf einem Krisentreffen in Berlin über ihre Reaktion beraten. EU-Diplomaten sprachen in Brüssel von einer «sehr ernsten Lage». Es sei «höchst fraglich», ob die Atomgespräche zwischen der EU und Iran tatsächlich wie geplant am 18. Januar aufgenommen werden könnten. Eine endgültige Entscheidung darüber werde jedoch von den Außenministern Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens getroffen, die von der EU mit den Iran- Verhandlungen beauftragt sind.

Nach Darstellung der IAEO planen iranische Techniker, in einer «Pilot-Brennstoff-Anreicherungsfabrik» in Natans das Anreicherungsgas Uranhexafluorid (UF6) in Ultrazentrifugen zu leiten. Dabei könnten «begrenzte Mengen neuer Komponenten» entstehen. Außerdem wurden die Einrichtungen Pars Trasch in Teheran und Farajand Technique bei Isfahan geöffnet, die im Zusammenhang mit dem Bau von Gaszentrifugen stehen. Die von iranischen Technikern geplanten Arbeiten sollen unter Aufsicht von IAEO-Inspekteuren stehen.

Der Vizechef der iranischen Atomenergieorganisation, Mohammed Saaidi, hatte am Morgen im Staatsfernsehen betont, dass Iran in voller Übereinstimmung mit der IAEO vorgehe. Die wieder aufgenommene Atomforschung beschränke sich nicht auf theoretische Fragen, sondern schließe auch praktische Arbeiten ein. Saaidi unterstrich jedoch, dass das Forschungsprogramm von der Urananreicherung unterschieden werden müsse. Die Anreicherung sei weiterhin suspendiert.

Die USA verurteilten die Entfernung der Siegel an der Anlage von Natans scharf. Die iranische Führung zeige damit «ihre Missachtung der internationalen Besorgnis und der internationalen Diplomatie», sagte der US-Botschafter bei der IAEO, Gregory Shulte, in Wien. Die USA fordern seit Jahren internationale Sanktionen gegen Teheran. Ein Sprecher des britischen Premierministers Tony Blair äußerte sich besorgt. Die internationale Gemeinschaft verfolge die Entwicklung in Iran mit zunehmender «Ungeduld».

Frankreich warnte Iran und Nordkorea vor einer militärischen Nutzung der Kernkraft. «Jeder gesteht Iran oder Nordkorea das Recht zur friedlichen Nutzung der Atomenergie zu», sagte Präsident Jacques Chirac in Paris. «Doch die internationale Gemeinschaft muss unbedingt dafür sorgen, dass die eingegangenen Verpflichtungen im Interesse der Sicherheit aller geachtet werden.»

Russlands Außenminister Sergej Lawrow äußerte sich ebenfalls besorgt und rief Iran zum Aussetzen seiner umstrittenen Atomforschung bis zu einer weiteren bilateralen Gesprächsrunde im Februar auf. Das chinesische Außenministerium forderte Teheran zur Zurückhaltung und Rückkehr zu den Verhandlungen mit der Europäischen Union auf. (tso/dpa)

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