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Politik: Iran verschwieg Atomtechnik

Kontrolleure „ernsthaft besorgt“ / Ebenso wie Libyen erhielt Teheran Unterstützung aus Pakistan

Berlin. Iran hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) abermals belogen. In dem Bericht der Atombehörde vom 24. Februar, der dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es, dass Iran eine komplette Baureihe von Zentrifugen für die Anreicherung von Uran verschwiegen hat. Dass ist umso gravierender, weil Teheran im Oktober einen Bericht über sein Atomprogramm vorgelegt hatte, der vorgab, „den vollen Umfang von Irans Nuklearaktivitäten“ offen zu legen. Damals hatte Iran nur zugegeben, einen alten, deutsch-niederländischen Zentrifugentyp auf Aluminiumbasis gebaut zu haben, dessen Pläne wohl in Pakistan gekauft wurden. Nun haben die IAEO-Inspekteure allerdings herausgefunden, dass auch ein weiterentwickelter, P2 genannter Zentrifugentyp gebaut und getestet wurde, mit dem Uran schneller angereichert werden kann als mit dem bekannten P1-Modell. IAEO-Generaldirektor Mohammed al Baradei bezeichnete das Vorgehen Irans am Montag zum Auftakt einer dreitägigen Sitzung des IAEO-Gouverneursrats in Wien als Rückschlag der angekündigten offenen Informationspolitik. Er forderte Teheran dringend auf, „von sich aus“ alle Einzelheiten seiner bisher geheimen Programme aufzudecken. Im Bericht drückt die IAEO ihre „ernsthafte Besorgnis“ über das Versäumnis Irans aus, „besonders im Blick auf die Bedeutung und Sensibilität dieser Aktivitäten“.

Im Zusammenhang mit der Urananreicherung sind auch weitere Fragen ungeklärt. Etwa die, wie Spuren von hochangereichertem Uran in die Zentrifugen kommen, das allein für militärische Zwecke, nicht aber für die von Iran behauptete zivile Nutzung verwendet wird. Iran hat bisher behauptet, die entsprechenden Komponenten seien schon verunreinigt aus einem dritten Land geliefert worden. Im IAEO-Bericht heißt es nun allerdings, dass die gefundene Menge hochangereicherten Urans „die Existenz von mehr als nur Spurenelementen dieses Materials nahe legt“. Allein Materialunreinheiten kommen für die Funde also nicht in Betracht. Beunruhigend ist auch, dass „sich die meisten Labors im Besitz von Organisationen aus der Militärindustrie befinden“.

Die IAEO ist auch nicht von Irans Erklärungen überzeugt, was die Produktion des Elements Polonium (Po-210) anbelangt. Teheran hat angegeben, mit Polonium für den Einsatz in einer Art von Nuklearbatterie experimentiert zu haben. Wahrscheinlicher scheint da zu sein, dass mit der Herstellung von Polonium experimentiert wurde, weil es bei bestimmten Atombombentypen als Reaktionsmittel für den Beginn der Kernfusion dient. Der IAEO-Bericht zeigt, dass Teheran vor allem wegen der Offenlegung des libyschen Atomprogramms unter Druck gerät. Beide Länder haben wichtige Nuklear-Komponenten in Pakistan gekauft, im IAEO-Bericht schamvoll als „ein anderer Staat“ bezeichnet. Die Programme von Libyen und Iran zeigten deshalb „mehrere gemeinsame Elemente“. Und so sind die Inspekteure manchen Aspekten des iranischen Atomprogramms – etwa den P2-Zentrifugen – erst auf die Schliche gekommen, weil Entdeckungen in Libyen sie auf die richtige Spur brachten. Was Sicherheitsexperten beunruhigt, ist, dass Libyen offenbar einen, wenn auch relativ primitiven, Plan zum Bau von Atomwaffen von dem pakistanischen Atomwissenschaftler Abdul Qadir Khan bekommen hatte. Die Frage ist, ob Iran, das mit der Entwicklung von Nukleartechnik weiter ist als es Libyen war, einen ähnlichen Bombenplan besitzt.

Dass das Fazit des Berichts nicht vernichtender ausfällt, ist vor allem europäischen Anstrengungen in letzter Minute zu verdanken. Auf gemeinsamen Druck von Frankreich, Großbritannien und Deutschland hin hatte Iran im Herbst zugesichert, die Urananreicherung bis auf weiteres einzustellen. Allerdings hat Teheran seitdem weitere 120 Zentrifugen bauen lassen. Nach Informationen des Tagesspiegels war die für den 20. Februar vorgesehene Fertigstellung des IAEO-Berichtes um vier Tage verzögert worden, um Teheran die Möglichkeit zu geben, hier Entgegenkommen zu zeigen. Das Land hat sich daraufhin verpflichtet, „den Bau und Tests von Zentrifugen“, wie auch „die einheimische Produktion von Zentrifugenkomponenten (. . .) so weit wie möglich einzustellen“. Eins ist jedoch klar: So schnell wie die Teheraner Führung hofft, wird die IAEO Iran nicht aus der Beobachtung entlassen können. Dazu bleiben zu viele offene Fragen.

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