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Politik: „Irgendwann muss die Kfor aufstehen“ Nach den Unruhen im Kosovo wird Kritik an internationaler Truppe laut

Von Andreas Ernst und Caroline Fetscher Prizren ist die Perle des Kosovo: Eine alte ottomanische Stadt mit unzähligen Kirchen und Moscheen. Doch das Serbenviertel, das sich einen Hang hinaufzog, ist abgebrannt, sowie die Erlöserkirche hoch über der Stadt.

Von Caroline Fetscher

Von Andreas Ernst

und Caroline Fetscher

Prizren ist die Perle des Kosovo: Eine alte ottomanische Stadt mit unzähligen Kirchen und Moscheen. Doch das Serbenviertel, das sich einen Hang hinaufzog, ist abgebrannt, sowie die Erlöserkirche hoch über der Stadt. Das Priesterseminar eine Ruine, der Bischofssitz zerstört. „Tod den Serben“ steht an die Mauern gepinselt. Doch seit dem 18. März gibt es keine Serben mehr in Prizren.

Am Morgen des 17. März, als er von Zusammenstößen zwischen Albanern und Serben in Mitrovica hörte, habe er mobilisiert, erzählt Mursi Osmanaj, Präsident des Veteranenverbands der albanischen UCK-Kämpfer. Über Radio und Fernsehen habe er zum Protest aufgerufen. Im Feldlager Prizren der Kfor-Brigade Südwest verfolgte man die Kämpfe im Fernsehen. Die Bereitschaft wurde nicht erhöht, obwohl bereits Veteranenverbände demonstriert hatten und neue Proteste angekündigt waren. Die Nachrichtendienste, darunter Bundesnachrichtendienst und Bundeskriminalamt, waren ahnungslos. „Die Kfor hat geschlafen“, sagt ein Nachrichtenoffizier, der bis vor einigen Monaten in Prizren arbeitete. „Und die Dienstwege sind so kompliziert, dass niemand den Mut hatte, Entscheidungen zu treffen.“

Nach einem Geplänkel mit argentinischen Unmik-Polizisten geht am Nachmittag zuerst das orthodoxe Priesterseminar in Flammen auf. Ein Serbe, der sich darin versteckt hatte, verbrannte. Dann bewegt sich der Mob zum Bischofssitz, der von einem Zug deutscher Infanteristen bewacht wird. Verstärkung bleibt aus. Man habe die Stellung um 20 Uhr aufgeben müssen, sagt der Brigadesprecher. Der UCK-Veteran erzählt eine andere Version: Die umzingelten Soldaten hätten kurz verhandelt, dann habe die Menge eine Gasse gebildet, durch die sie unter Applaus abzogen.

Am Abend macht sich die Menge auf zum Erzengelkloster in der Bistrica-Schlucht. Das Kloster wird von etwa 20 Kfor-Soldaten bewacht. Diese versuchen offenbar nicht, die Schlucht zu sperren. Als die ersten Angreifer mit Benzinkanistern zum Kloster stürmen, verfrachtet man die Mönche in einen Panzer und flieht durchs Bachbett. „Irgendwann muss die Kfor gegen die Extremisten aufstehen“, sagt German, der Klostervorsteher.

Auch ein Bericht von Amnesty International zum Frauen- und Mädchenhandel im Kosovo wirft ein schlechtes Licht auf die Kfor. „Die internationale Gemeinschaft ist verantwortlich für eine wachsende Sex-Industrie“, heißt es darin. „Frauen und Mädchen werden als Sklavinnen verkauft, vergewaltigt, geschlagen und eingesperrt.“ Die Frauen werden in Moldawien, Rumänien oder Bulgarien angeworben mit dem Versprechen, in Italien arbeiten zu können. Dann aber werden sie in Bordellen im Kosovo festgehalten. Und deren Kundschaft bestehe zu 20 Prozent aus Mitarbeitern der Internationalen Gemeinschaft.

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