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Zwei Demonstrantinnen mit britischen und EU-Flaggen vor dem britischen Parlament.

© REUTERS/Henry Nicholls

Update

Irische See als Zollgrenze?: Brexit-Lösung rückt anscheinend näher

Die britische Regierung ist aufgefordert, einen neuen Brexit-Entwurf vorzulegen. Es gebe „erste Anzeichen für Fortschritte“, sagte Irlands Regierungschef. 

Die Unterhändler des Vereinigten Königreichs und der EU könnten sich in Sachen Brexit zeitnah einigen. Das berichten die Medienplattform Bloomberg und die englische Zeitung „The Guardian“ übereinstimmend. Auf Seiten der EU, so schreiben die Medien, gebe es Hoffnung, dass es noch am Dienstagabend zu einem Durchbruch kommt; vor allem bezogen auf eine „prinzipielle Einigung der Verhandlungspartner“ was die Zollgrenzen mit Irland betrifft.

Es gebe „erste Anzeichen für Fortschritte“, sagte Irlands Regierungschef Leo Varadkar. EU-Unterhändler Michel Barnier berichtete Europaabgeordneten von Bewegung auf britischer Seite. „Ein Abkommen scheint mittlerweile in greifbarer Nähe“, schloss der Linken-Abgeordnete Martin Schirdewan aus den Informationen.

Die Unterhändler hätten sich offenbar grundsätzlich darauf geeinigt, dass es eine Zollgrenze entlang der Irischen See geben soll, berichtete der „Guardian“. Ein Entwurf für eine Kompromisslösung solle am Mittwoch veröffentlicht werden, sofern Dowing Street sein Einverständnis dafür gebe.

Kanzlerin Angela Merkel hatte am Dienstag bekräftigt, man werde bis zur letzten Minute für einen geregelten Brexit arbeiten. Ziel war ein Vertragsentwurf bis Mittwoch und eine Entscheidung beim EU-Gipfel Ende der Woche. Die Verhandlungen zogen sich allerdings am Dienstagabend in Brüssel in die Länge. Ein Ende sei noch nicht abzusehen, hieß es. Offiziell wollten beide Seiten keinen Kommentar zum Verhandlungsstand abgeben.

Ohne Einigung muss Johnson eine Fristverlängerung beantragen

Der britische Premierminister Boris Johnson zielt auf einen Deal beim EU-Gipfel, um den Brexit wie geplant am 31. Oktober zu vollziehen - mehr als drei Jahre nach dem Referendum für den EU-Austritt. Ohne Einigung müsste der Premier nach einem britischen Gesetz ab Samstag eine Fristverlängerung bei der EU beantragen - was er keinesfalls will. Vorige Woche hatte Johnson Zugeständnisse in der umstrittenen Irland-Frage gemacht. Doch der EU reichte dies noch nicht. Am Dienstag wurde offenbar nachgelegt.

Ministerpräsident Varadkar äußerte sich in Irland vorsichtig. Die Dinge bewegten sich zwar in die richtige Richtung, doch der Spalt zwischen Großbritannien und der EU sei noch recht groß. Es sei unklar, ob rechtzeitig zum EU-Gipfel ein Deal zustande komme.

„Es ist höchste Zeit, gute Absichten in einen Rechtstext zu gießen“

Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) hatte zuvor gesagt, es gebe zwei einfache Bedingungen für eine Einigung: Der EU-Binnenmarkt müsse gewahrt und der Frieden in Nordirland geschützt werden. „Jetzt liegt es wieder mal an unseren britischen Partnern, das zu tun, was nötig ist.“

EU-Unterhändler Barnier formulierte es so: „Es ist höchste Zeit, gute Absichten in einen Rechtstext zu gießen.“ Die Verhandlungen seien schwierig, aber eine Einigung möglich. Hinter verschlossenen Türen sagte Barnier nach Angaben von Diplomaten, ein Durchbruch müsse bis Dienstagabend erreicht sein.

Deutsche Regierungsvertreter nannten eine andere Frist: Bis Mittwochnachmittag solle ein Vertragsentwurf vorliegen. Allerdings sei man skeptisch, ob dies gelinge. Gebe es nur Eckpunkte, müsse man weiter verhandeln. In dem Fall sei ein EU-Sondergipfel vor dem 31. Oktober nicht ausgeschlossen.

Grenze zur Republik Irland weiterhin Streitpunkt

Auch Finnland, Österreich und die Niederlande äußerten Zweifel an einer Blitzeinigung vor dem Gipfel. Irland und Frankreich schlossen sie indes nicht aus. Der französische Präsident Emmanuel Macron telefonierte am Dienstag mit Johnson, ohne dass danach Details bekannt wurden.

Streitpunkt war nach wie vor die Frage, wie die Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland offen gehalten werden kann. Aus Sicht der EU ist das nötig, um neue Unruhen in dem früheren Bürgerkriegsgebiet zu vermeiden. Doch will die Gemeinschaft nicht, dass über die „Hintertür“ der neuen EU-Außengrenze in Irland unkontrolliert und unverzollt Waren auf den Binnenmarkt strömen.

Ich fürchte, Johnson wird mit seinem Deal (so er denn einen zustande bringt) im Unterhaus genauso scheitern, wie Theresa May, weil der Deal DUP und ERG zu weit geht, Labour nicht weit genug, und LibDem, SNP, Plaid Cymru und Grüne den Deal einem 'people's vote' stellen wollen.

schreibt NutzerIn derverwalter

Zur Debatte steht nun eine spezielle Zollpartnerschaft, die Kontrollen an der Grenzlinie überflüssig machen soll. Nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen könnte womöglich Großbritannien Zollkontrollen für die EU übernehmen. Doch müsse die EU dies überprüfen und notfalls einschreiten oder klagen können. Diese Details seien sehr wichtig.

Deal in letzter Minute?

Sollte noch ein Abkommen zustande kommen, müsste es nicht nur vom britischen, sondern auch vom Europäischen Parlament rechtzeitig ratifiziert werden. SPD-Europapolitiker Jens Geier zeigte sich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur offen für einen Deal in letzter Minute, schränkte aber ein: „Machbar ist nur, was keine Fragen aufwirft. Alles muss geklärt sein, bevor wir ja sagen.“

Aus Sicht der Grünen-Europaabgeordneten Terry Reintke wird in jedem Fall eine Verlängerung nötig. „Das britische Parlament wird Zeit brauchen, einen gemeinsamen Weg nach vorne zu finden“, erklärte sie der dpa. „Als Europäisches Parlament haben wir bereits beschlossen, dem Vereinigten Königreich diese Zeit zu geben. Der Europäische Rat sollte sich dem anschließen und das Brexit-Datum verschieben.“ (Tsp,dpa)

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