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Wohlfahrt für alle: Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) mit Nurhan Soykan, der Generalsekretärin des Zentralrats der Muslime und Erika Theißen, der Geschäftsführerin des Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen in Köln (v.l.n.r.) während der Tagung der Islamkonferenz am Dienstag.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Islamische Wohlfahrt: Auch Altenpflege schafft innere Sicherheit

Darf die Deutsche Islamkonferenz nach den Morden von Paris noch über muslimische Wohlfahrtspflege reden? Sie muss sogar, fanden die Teilnehmer und der Bundesinnenminister.

Die Deutsche Islamkonferenz (DIK) hat am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung die Morde in Frankreich vor einer Woche scharf verurteilt und zur Fortsetzung des Dialogs zwischen Muslimen und Nichtmuslimen aufgefordert. Gerade in schwierigen Zeiten „müssen wir zusammen stehen, alle Bürgerinnen und Bürger, egal welcher Religion“, sagte der Vorsitzende des Verband der Islamischen Kulturzentren Erol Pürlü, zum Auftakt der Konferenz.
„Der abscheuliche Anschlag“, dem 15 Menschen zum Opfer fielen, sei gegen demokratische ebenso wie muslimische Werte gerichtet, sagte Pürlü. Er habe „keine Legitimation, weder im Islam noch in einer anderen Religion und Weltanschauung, die sich auf die Vernunft beruft“. Pürlü ist aktuell Vorsitzender des „Koordinationsrats der Muslime“ (KRM), in dem die vier größten muslimischen Organisationen zusammengeschlossen sind. Er betonte aber, dass er nicht nur in dieser Funktion, sondern für alle Mitglieder der Konferenz spreche.

"Sicherheitspolitik nicht Teil der Konferenz"

Das Thema der Islamkonferenz, die 2006 vom damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ins Leben gerufen wurde, ist zurzeit die Einbeziehung von Muslimen in die Wohlfahrtspflege. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) räumte ein, dass man bis kurz vor der Sitzung überlegt habe, ob diese Tagesordnung eine knappe Woche nach den Ereignissen in Paris noch zu halten sei. Man sei sich dann aber einig gewesen, dass beide Themen „aufs engste zusammengehören“. Es werde auch im Gespräch mit den deutschen Muslimen weiter um Sicherheitspolitik und Terrorprävention gehen, sagte der Minister auf Nachfrage, „aber nicht als Teil der Deutschen Islamkonferenz. Dabei bleibt es.“ Ohnehin habe Sicherheitspolitik zwei Seiten: Polizei und Strafrecht seien eine, Fragen des Zusammenlebens die andere.
Das Thema Sicherheit hatte die Gespräche in der DIK seit ihren Anfängen belastet. Die Muslime sahen sich auf ein Sicherheitsproblem reduziert, unter de Maizières CSU-Vorgänger (und Nachfolger) Hans-Peter Friedrich war es deswegen sogar zum Eklat gekommen. Als de Maizière nach der Bundestagswahl 2013 erneut Innenminister wurde, beendete er den Streit, indem er das Thema aus der Konferenz nahm und entschied, dass deren Struktur und Themen künftig zusammen mit den Muslimen festgelegt würden. Auch die Hoheit über die Tagesordnung war bis dahin dauernder Stoff für Konflikte.

"Das wichtigste Projekt der Muslime seit Jahren"

Das erste Thema der so reformierten DIK, die Wohlfahrtspflege, könnte nun zu einem entscheidenden Schritt der Integration des Islams in deutsche Institutionen werden - das allerwichtigste Projekt von Muslimen in den letzten Jahren“ nannte es am Dienstag Samy Charchira vom nordrhein-westfälischen Landesvorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Soziale Arbeit begleite Menschen „von der Geburt bis zur Bahre“, die muslimische Wohlfahrtspflege, die es seit Jahren gebe, könne aber jetzt professionalisiert werden, sagte er. Sie sei „noch nicht ausreichend an offizielle Strukturen angedockt“, so Parität-Chef Rolf Rosenbrock. Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) äußerte die Hoffnung, dass der Blick auf den Islam sich ändern werde, wenn Muslime nicht mehr nur Kunden von Kindergärten und Altenheimen seien, sondern auch Anbieter. „Auch die Autorität von Kirchenleuten resultiert ja nicht nur aus ihrem Glauben, sondern aus dem, was sie darüber hinaus in der Gesellschaft tun“, sagte Maly. Die Konferenz will am Mittwoch ausloten, wie ein muslimisches Angebot für Kinder, Jugendliche und Alte aussehen könnte.

Imagekampagne erklärt Religion im Alltag

Familienministerin Manuela Schwesig (SPD), die als fachlich Zuständige diesmal ab der Islamkonferenz teilnahm, will den Blick auf den Islam demnächst mit einer Imagekampagne verbessern helfen. Sie soll Porträts vor allem junger Muslime präsentieren und Religiosität als Teil von deren Alltag verstehen helfen, wie ein Sprecher des Ministeriums dem Tagesspiegel sagte. Die Kampagne, die von der Türkischen Gemeinde Deutschlands angeregt wurde und in die Schiiten, Sunniten und die Ahmadiyya-Gemeinschaft eingebunden sind, sei nach Meinung des Ministeriums geeignet, Stereotypen und Vorurteilen entgegenzutreten. Noch sei nichts entschieden, aber: "Das Fachreferat steht dem Anliegen positiv gegenüber."

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