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Eine Bombe eines Flügels der Taliban hat am 10. August einen Bereich des Flughafens Kabul zerstört.

© AFP

Islamisten gegen Islamisten: Taliban verurteilen Hinrichtungsvideo des IS als "entsetzlich"

Die radikalislamischen Taliban haben ein Hinrichtungs-Video der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) als entsetzlich verurteilt. Der IS dringt in Afghanistan immer weiter vor, was die Taliban verhindern wollen. Nach Spaltungstendenzen bei den Taliban ist völlig unklar, wie die Entwicklung weitergeht.

Die radikalislamischen Taliban in Afghanistan haben Videoaufnahmen der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS), auf denen mutmaßlich die Ermordung mehrerer afghanischer Gefangener zu sehen ist, als "entsetzlich" verurteilt. Die Taliban erklärten am Dienstag, bei den Hingerichteten handle es sich um zivile Stammesälteste und Dorfbewohner, die "brutal" von ihren Entführern getötet würden. Dieses Vergehen und "andere brutale Aktionen einiger unverantwortlicher ignoranter Individuen unter dem Deckmantel des Islams" könnten nicht toleriert werden.

Das mehr als vier Minuten lange Video war am Sonntag in dschihadistischen Internetforen aufgetaucht. Zu sehen sind mehrere gefesselte Menschen, denen zudem die Augen verbunden sind.

Der IS hat offenbar Zivilisten in Afghanistan hingerichtet

ie werden als "Abtrünnige" bezeichnet, die Verbindungen zu den Taliban oder zur afghanischen Regierung hätten, und in die Luft gesprengt. Die Äußerungen in dem Video sind auf Arabisch und auf Paschtu, eine der Landessprachen in Afghanistan.

Das Video ist symbolisch für die zunehmende Rivalität zwischen dem IS und den Taliban, denen während ihrer Herrschaft in Afghanistan auch eine zutiefst brutale Führung vorgeworfen worden war. Zuletzt hatte es mehrere Übertritte von Taliban-Kämpfern zu der Dschihadistenmiliz gegeben. Nach dem offiziell verkündeten Tod von Taliban-Chef Mullah Omar verweigerten außerdem zahlreiche ranghohe Kämpfer seinem Nachfolger Mullah Achtar Mansur die Gefolgschaft.

Die Taliban selber hatten am Montag ihre Anschlagsserie fortgesetzt und am Flughafen von Kabul mit einer Autobombe fünf Menschen getötet. Offiziellen Angaben zufolge wurden außerdem 16 Personen verletzt. Unter den Opfern sollen auch eine Frau und ein Kind sein. Die Taliban erklärten, der Anschlag habe sich gegen Ausländer gerichtet. Sie bestritten, dass Zivilisten umgekommen seien. Aus Sicherheitskreisen verlautete, das Attentat habe offenbar zwei gepanzerten Fahrzeugen gegolten. Es sei aber nicht klar, wer sich darin befunden habe. Ein Taliban-Sprecher sagte, in den angegriffenen Autos hätten Ausländer gesessen. Sie seien alle tot.

Ende vergangener Woche waren bei Anschlägen in Kabul mindestens 50 Menschen getötet worden. Es wird vermutet, dass die jüngste Anschlagswelle auch mit einem Machtkampf innerhalb der Taliban nach dem Tod ihres Chefs, Mullah Mohammad Omar, zu tun hat. Berichten zufolge ist der neue Anführer Mullah Mohammed Achtar Mansur in der Organisation umstritten. Familienangehörige und enge Vertrauten Omars hätten seine Wahl nicht akzeptiert. Zudem gibt es offenbar einen Richtungsstreit zwischen Befürwortern von Friedensverhandlungen mit der Regierung und den Anhängern einer kompromisslosen Linie.

Präsident Ghani macht Pakistan für die neue Gewalt verantwortlich

Der afghanische Präsident Aschraf Ghani machte zudem das Nachbarland Pakistan für die neue Gewaltwelle mitverantwortlich. "Wir haben auf Frieden gehofft, aber uns wurde von pakistanischem Gebiet aus der Krieg erklärt", sagte Ghani. Viele Taliban-Kämpfer und deren Anführer finden in Pakistan Unterschlupf und organisieren ihre Attentate von dort aus. Die pakistanische Regierung bestreitet eine aktive Unterstützung der Taliban.

Grundlage aller Beziehungen Afghanistans zu seinem Nachbarn sei die Sicherheit des afghanischen Volkes, sagte Ghani. Wenn diese nicht gegeben sei, hätten die Beziehungen keine Bedeutung mehr. Er hoffe aber, dass es nicht dazu komme. Den Taliban ließ der Präsident eine Tür für weitere Gespräche offen, wenn sie der Gewalt abschwörten. Frieden werde es nur mit jenen geben, "die nicht ihr eigenes Land auf Weisung ausländischer Herren zerstören", sagte er. (AFP/Reuters)

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