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Arid U. wurde wegen Mordes an zwei US-Soldaten und Mordversuchs an zwei weiteren zu lebenslanger Haft verurteilt.

© dpa

Islamistenprozess: Lebenslange Haft für Mord an US-Soldaten

Junger Islamist aus dem Kosovo radikalisierte sich im Internet und brachte den Dschihad nach Deutschland.

Von Frank Jansen

Frankfurt am Main - Erst lächelte er ins Publikum, dann senkte er die Augen und wippte ab und zu mit dem Kopf. Es war nicht ganz klar, ob Arid U., in dieser Woche 22 Jahre alt geworden, alles wahrnahm, was ihm der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main am Freitag verkündete. Die Richter verurteilten den Kosovaren wegen des Mordes an zwei US-Soldaten und des versuchten Mordes an drei weiteren Amerikanern zur Höchststrafe: lebenslange Haft. Er hat wegen der besonderen Schwere der Schuld keine Chance, nach 15 Jahren auf freien Fuß zu kommen. Der Vorsitzende Richter, Thomas Sagebiel, begründete die Höchststrafe folgendermaßen: „Ja, wir haben es mit dem ersten vollendeten, islamistisch motivierten Terroranschlag auf dem Boden der Bundesrepublik zu tun.“ Am 2. März 2011 hatte Arid U. am Frankfurter Flughafen die beiden Soldaten Nicholas Jerome Alden und Zachary Ryan Cuddeback erschossen und zwei weitere lebensgefährlich verletzt.

Arid U. war als unauffälliger Muslim, jenseits einschlägiger Organisationen, zu einer Zeitbombe geworden. Richter Sagebiel schilderte ausführlich, was sich am frühen Nachmittag des 2. März 2011 vor der Halle E des Terminals 2 abgespielt hatte. Arid U., radikalisiert durch islamistische Propaganda im Internet bis hin zum Wunsch, als Märtyrer zu sterben, suchte gezielt US-Soldaten, um sie zu töten. Der mit seiner Familie in Frankfurt lebende Mann hatte am Abend vor der Tat den letzten Kick bekommen, als er in einem dschihadistischen Onlinevideo die fiktive Szene der Vergewaltigung einer muslimischen Frau durch einen amerikanischen Soldaten sah – und alles für echt hielt. In seinem Hass habe der Angeklagte jeden nach Afghanistan abkommandierten US-Soldaten als potenziellen Vergewaltiger angesehen.

Am 2. März fuhr U. zum Flughafen, in seiner Bauchtasche steckten eine Pistole, ein Zwölf-Schuss-Magazin, zehn weitere Patronen und zwei Messer. Der junge Islamist wusste, dass öfter US-Soldaten hier landen und dann zur Basis Ramstein fahren. Arid U. sprach einen US-Soldaten an, der mit weiteren Militärs in einen Bus der Army stieg. Er bestätigte kurz, er und seine Kameraden seien auf dem Weg nach Afghanistan. Kurz darauf schoss Arid U. dem vor dem Bus stehenden Nicholas Jerome Alden in den Kopf und stürmte in das Fahrzeug. Auf dem Fahrersitz saß Zachary Ryan Cuddeback, auch ihn tötete U. mit einem Schuss in den Kopf. „Allahu akbar“ rufend feuerte er dann auf die Soldaten Edgar Miguel Veguilla und Kristoffer Paul Schneider. Beide erlitten lebensgefährliche Verletzungen und werden ihr Leben lang unter der Tat leiden. Vor einem weiteren Soldaten klemmte die Pistole. Arid U. flüchtete aus dem Bus und wurde im Flughafen von Bundespolizisten überwältigt. Zu Beginn des Prozesses im August 2011 legte er weinend ein Geständnis ab. Es nützte ihm nichts mehr.

Als einen Grund für die Schwere der Schuld nannte Sagebiel die Absicht des Angeklagten, in dem Bus so viele US-Soldaten zu töten wie möglich. Das habe nur die Ladehemmung der Pistole verhindert. Der Richter wandte sich am Ende der Urteilsbegründung an die Angehörigen der Opfer. Die Soldaten hätten das Terrorregime der Taliban beendet und versuchten, in Afghanistan beim „Aufbau geordneter Systeme“ mitzuwirken. Für den „persönlichen Einsatz und ihren Mut“ gebühre den US-Soldaten „höchster Respekt“, sagte Sagebiel. Kurz danach lachte Arid U. wieder in den Saal. Frank Jansen

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