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Islamkonferenz: Im Gespräch bleiben

Die Deutsche Islamkonferenz hat am Dienstag zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode getagt. Innenminister Hans-Peter Friedrich zeigt sich zuversichtlich - doch hat sie eine Zukunft?

Zunächst: Die Deutsche Islamkonferenz soll fortgesetzt werden. War ihr Erfinder, der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor vier Jahren noch vorsichtig damit, Prognosen für die Zeit nach der Bundestagswahl abzugeben, so äußerte sich sein Nach-Nachfolger Hans-Peter Friedrich (CSU) am Dienstag entschlossen. Nach seinem Willen wird die Konferenz dann zwei neue Schwerpunkte bekommen: Erstens soll sie „noch stärker regionale Ausstrahlung“ erhalten, also in Länder und Kommunen hineinwirken. Zweitens wünscht sich Friedrich, dass sie an der Berücksichtigung von Muslimen in der Wohlfahrtspflege arbeitet. Damit wäre eine Kernaufgabe, die Einbindung des Islam ins deutsche Religionsverfassungsrecht, erstmals kein Schwerpunkt der Konferenz mehr. Auf Nachfrage beschwichtigte der Minister: „Ich glaube, dass dieses Thema fortwirkt. Wir führen überhaupt alle Themen der Konferenz weiter.“ Im Übrigen aber „kann man das in den Ländern fortsetzen“, sagte Friedrich. Schließlich seien „die Grundlagen gelegt“.

Tatsächlich sind in den sieben Jahren seit Bestehen der DIK Schritte zur rechtlichen Anerkennung des Islams gelungen: Der Wissenschaftsrat machte 2010 den Weg für islamische Theologie an ausgewählten Universitäten frei. Dort werden inzwischen Seelsorger und Lehrkräfte ausgebildet. Hamburg und Bremen schlossen im vergangenen Jahr Staatsverträge mit regionalen muslimischen Vereinigungen, die unter anderem die Basis für den Religionsunterricht an staatlichen Schulen schufen. Eine Arbeitsgruppe der DIK gab dazu eine Handreichung „Fortbildung von religiösem Personal“ heraus. Ohnehin hat die Konferenz sich von Beginn an dafür engagiert, Wissen über Muslime und den Islam in Deutschland bereitzustellen.

Kritiker verweisen allerdings auf viele offene Fragen, die das religiöse Leben von Muslimen in Deutschland praktisch angehen, wie Bestattungen oder das rituelle Schlachten (Schächten). Außerdem beklagen sie, dass Sicherheitsfragen die Konferenz – jedenfalls in ihrer Außendarstellung – beherrschten. Muslime würden so immer wieder negativ etikettiert. Das bestritt der Minister nachdrücklich: „Terror und Sicherheit waren nie Thema“, entsprechende Versuche habe er persönlich abgewehrt. Die Abschlusstagung der laufenden Konferenz war allerdings dem bereits 2010 beschlossenen Thema „Prävention von Extremismus, Radikalisierung und gesellschaftlicher Polarisierung“ gewidmet. Ein Förderkreis wird dafür demnächst Projekte auswählen, die sich an Jugendliche richten.

Obwohl in der offiziellen Einladung zur Pressekonferenz am Dienstag nur von einem Statement des Ministers die Rede war, erschien Friedrich vor der Presse doch nicht allein, sondern in Begleitung des Pädagogen Ahmed Mansour, einer der sogenannten muslimischen Einzelpersönlichkeiten, die neben den Verbänden in der Konferenz den Islam repräsentieren sollen. Mansour präsentierte als Gast Rabbi Daniel Alter, den Antisemitismusbeauftragten der Berliner Jüdischen Gemeinde. Mehrere Teilnehmer der Konferenz bestätigten, dass dieser Auftritt nicht abgesprochen war. Unter Schäuble und seinem zeitweisen Nachfolger de Maizière hatten stets mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz mit dem Minister zusammen öffentlich Bilanz gezogen. Friedrich hatte dies nach einer ersten Konferenz 2010 geändert, auf der ihm die Islamwissenschaftlerin Amina Omerika offen widersprochen hatte. Die Veranstaltung sei eben staatlicherseits nach wie vor „paternalistisch“ organisiert, sagte ein Konferenz-Mitglied.

Dennoch scheint der Minister, der zum Amtsantritt die Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland bestritten hatte, jenseits öffentlicher Auftritte aufgeschlossener für muslimische Anliegen. Bekir Alboga, für die türkisch-islamische Ditib Mitglied der DIK, nannte den unabgesprochenen Auftritt mit Mansour im Gespräch mit dem Tagesspiegel „unakzeptabel“, lobte aber Fortschritte selbst auf dem von jeher umstrittenen Gebiet der Sicherheitspolitik. „Von Islamismus wird nicht mehr gesprochen“, sagte er. „Wir sprechen jetzt von religiös begründetem Extremismus. Der kann von muslimischer ebenso wie von jüdischer oder christlicher Seite kommen.“

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