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Kreuz und Minarett sind – im sechsten Jahr der Deutschen Islamkonferenz – inzwischen selbst in Bayern ein Teil Deutschlands.

© dapd

Islamkonferenz: Mehr als nur Sicherheit

Im sechsten Jahr ihres Bestehens ist etliches in der Islamkonferenz Routine geworden. Von der aktuellen Debatte um die Koranverteilung in deutschen Städten will man sich nicht irritieren lassen.

Das Bundesinnenministerium hat Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) eine Absage erteilt. Schünemann hatte gefordert, die Koran- Verteilaktion durch Salafisten zum Thema der Deutschen Islamkonferenz (DIK) in dieser Woche zu machen. Das Thema werde sicher am Rande behandelt, aber „kein ordentlicher Tagesordnungspunkt“, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums dem Tagesspiegel. Das Arbeitsprogramm der DIK sei seit langem festgelegt und so kurzfristig nicht zu ändern.

Schünemann hatte in der „Rheinischen Post“ einen „Pakt gegen den Salafismus in Deutschland“ gefordert. Er habe Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gebeten, das Thema auf die Tagesordnung der Konferenz an diesem Donnerstag zu setzen. Die Verbände der Muslime müssten sich an die Spitze einer bundesweiten Aufklärungskampagne über die Gefahren der Salafisten stellen. Die Tagesordnung des Treffens am Donnerstag in dieser Weise zu erweitern, „wäre sicher nicht im Sinne vieler Teilnehmer der DIK“, hieß es dazu im Ministerium.

Tatsächlich ist die Indienstnahme der DIK für Fragen der inneren Sicherheit ein Dauerthema, seit sie im September 2006 vom damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ins Leben gerufen wurde. Im letzten Jahr allerdings erzielten die Gegner dieses Akzents einen wichtigen Etappensieg: Erstmals wehrte sich nicht nur der organisierte Islam; auch die vom Ministerium berufenen „muslimischen Einzelpersönlichkeiten“ protestierten gegen die geplante „Sicherheitspartnerschaft“ von Staat und Muslimen. Eine von ihnen, die Bochumer Islamwissenschaftlerin Armina Omerika, gab dem damals neuen – und sichtlich verdutzten – Bundesinnenminister Friedrich auf seiner ersten Pressekonferenz mit den Muslimen sogar öffentlich kontra.

Die Sicherheitspartnerschaft gibt es zwar inzwischen trotzdem, doch die DIK ist seither keine Sicherheitskonferenz mehr. Die „Arbeitsgruppe Prävention“ der DIK beschäftigt sich seit letztem Jahr – 2011 war auch das Jahr, in dem die Nazi-Hintergründe der Serie von Morden an Migranten entdeckt wurden– ausschließlich mit Islamophobie.

Die Islamkonferenz scheint weiter an ihren Kinderkrankheiten zu leiden

Parallel dazu scheint es der Konferenz zu gelingen, Schritt für Schritt mehr Wissen über den deutschen Islam öffentlichkeitswirksam zu machen. Nachdem vor drei Jahren die grundlegende Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“ erschien, hat die Konferenz diesmal Daten über „Islamisches Gemeindeleben in Deutschland“ erheben lassen. Forscher des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und des Zentrums für Türkeistudien und Migrationsforschung haben erstmals die deutschen Moscheegemeinden gezählt – sie kommen auf 2350 – und Mitglieder und Geistliche befragt.

Die Islamkonferenz wird in ihrem sechsten Jahr routinierter. Doch sie scheint weiter an ihren Kinderkrankheiten zu leiden: Die Agenda – und damit zum großen Teil die Ergebnisse – dieser Veranstaltung, die doch ein Dialog zwischen Staat und Muslimen sein sollte, bestimmt weiterhin die staatliche Seite. Die Frau, die dem Minister vor einem Jahr so deutlich widersprach, hat sich denn auch enttäuscht zurückgezogen. „Ich habe recht bald gemerkt, dass es prinzipiell egal ist, was von unserer Seite kommt“, sagte Armina Omerika dem Tagesspiegel. Als jüngstes Beispiel nennt sie die Studie „Lebenswelten junger Muslime“, aus der der Bundesinnenminister Anfang März in der „Bild“-Zeitung den Schluss zog, ein guter Teil der jungen Muslime seien Integrationsverweigerer. Der Umgang mit der Studie sei skandalös gewesen, sagt Omerika. Aufschlussreicher finde sie aber, dass keiner in ihrer Arbeitsgruppe Prävention jemals vom Auftrag zur Studie erfahren habe.

Omerika ist am Donnerstag nicht mehr dabei. Einem Eklat wie dem, den sie vor einem Jahr provozierte, hat der Minister trotzdem vorgebaut: Er wird, zum ersten Mal nach einer DIK-Plenumssitzung, allein und ohne einen Vertreter der Muslime vor die Presse treten. Es solle diesmal mehr um die Inhalte der Sitzung gehen, heißt es dazu aus seinem Hause.

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