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Ashton

© AFP

Israel: Attacke zum Besuch von Ashton

Ausgerechnet beim Besuch der EU-Außenbeaufragten Catherine Ashton hat es am Donnerstag in Israel den ersten Toten durch einen Raketenangriff seit dem letzten Krieg gegeben. Eine aus dem Gazastreifen abgefeuerte Kassam-Rakete tötete einen thailändischen Arbeiter in einem nahe gelegenen Kibbuz.

Die extremistisch-islamistische Minigruppierung Ansar al Sunna, die mit Al Qaida in lockerer Verbindung steht, übernahm die Verantwortung für den Raketenbeschuss, den dritten seit Mittwochabend. Er erfolgte nur Minuten nachdem Ashton mit israelischer Sonderbewilligung im Gazastreifen angekommen war. Später schlug eine zweite Rakete in einer unbewohnten Gegend südlich von Tel Aviv ein.

Ein Hamas-Sprecher bezeichnete das Ganze als ein „Versehen“. Die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas versucht seit dem für sie verlustreichen Krieg vor 14 Monaten meist jeden Raketenabschuss zu verhindern. Im Gazastreifen rechnete man mit einem massiven Vergeltungsschlag der israelischen Luftwaffe, insbesondere weil es erstmals ein Todesopfer zu beklagen gibt. Kaum hatte Ashton den Gazastreifen verlassen, als Israel Scheinangriffe auf die Hamas-Ministerien in Gaza-Stadt flog. Aus Gaza wurden auch Überflüge von Kampfjets mit Überschallgeschwindigkeit in niedriger Höhe gemeldet, die Panik vor allem bei kleinen Kindern auslösten.

Ziel der etwas mehr als zweistündigen Visite Ashtons – der ersten einer hochgestellten westlichen politischen Persönlichkeit seit über einem Jahr – in dem von der radikalislamischen Hamas beherrschten, dicht bevölkerten und von Israel und Ägypten von der Außenwelt weitgehend abgeriegelten Küstenstreifen war es eigentlich, sich über die humanitäre Lage und die Verwendung der EU-Hilfsgelder zu informieren. Die EU ist größte Spenderin für den Gazastreifen. Zu diesem Zweck sprach Ashton mit der örtlichen Spitze der UN-Hilfsorganisation für palästinensische Flüchtlinge UNWRA und nicht mit Hamas-Vertretern, besuchte eine Hilfsgüter-Verteilerzentrale und Schulen. Ein Treffen mit Repräsentanten der De-facto-Regierung der Hamas war ausdrücklich nicht vorgesehen. Vor Journalisten versprach Ashton später, sie werde zum Treffen mit dem Nahostquartett (EU, UN, Russland und die USA) am Freitag in Moskau reisen „und dort das Leiden der Bevölkerung im Gazastreifen zur Sprache bringen“.

Die EU verlangt seit längerem von Israel eine Aufhebung, oder zumindest eine Lockerung der Blockade des Gazastreifens, in den Israel nur Medikamente, Nahrungsmittel, Strom, Wasser, Treib- und Brennstoffe zu lässt. Vor allem unterbindet Israel jede Lieferung von Baumaterialien zum Wiederaufbau der im Krieg Anfang vergangenen Jahres zerstörten Gebäude und Wohnviertel. Jerusalem behauptet, die Hamas würde jede Art von Baumaterial für die Zivilbevölkerung beschlagnahmen und für ihre eigenen militärischen Zwecke verwenden. Nach dem Besuch im Gazastreifen traf sich Ashton in Ramallah im Westjordanland nacheinander mit höchsten Vertretern der gemäßigten von Palästinenserpräsident Abbas eingesetzten Regierung.

Ashtons Versuche, Israel von seiner Siedlungspolitik und namentlich dem Bau von neuen Wohnungen in Ostjerusalem abzubringen, waren zum vornherein als aussichtslos eingestuft worden. Netanjahu und sein Aussenminister Avigdor Lieberman erklärten zwar in ihren getrennten Gesprächen mit ihr, dass es sich bei der anlässlich des Israelbesuches des amerikanischen Vizepräsidenten Joe Biden erfolgten Veröffentlichung des Baubeschlusses für 1600 Wohneinheiten für ultrareligiöse Juden im annektierten arabischen Ostjerusalem um einen „bürokratischen Fehler“ gehandelt habe. Dieser ändere aber nichts an der Tatsache, dass man die jüdischen Neubauviertel in Ostjerusalem als integralen Teil Israels betrachte.

Die Nahostexpertin Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin bezeichnet es als ein „sehr wichtiges Zeichen von Seiten der EU“, dass Ashton als eine ihrer ersten Amtshandlungen den Gazastreifen besucht. Damit lege sie den Fokus auf die andauernde Abriegelung. Dass Ashton sich bei der Nahostrundreise kaum öffentlich geäußert hat, will Asseburg ihr nicht ankreiden: „Es gibt derzeit keine zukunftsweisende europäische Politik, wie mit der angespannten Lage in der Region umgegangen werden soll.“ Dabei könne Europa es sich eigentlich nicht leisten, nur zuzuhören.

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