zum Hauptinhalt

Israel: Der Minister und die italienische Tante

In Israel wurde der Ex-Finanzminister wegen Diebstahls eines Millionenbetrags verurteilt – und ein weiterer Politiker muss in Haft.

Das hat es selbst im an Korruptionsskandale gewöhnten Israel noch nie gegeben: Gleich zwei ehemalige prominente Minister wurden am gleichen Tag zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Das Tel Aviver Bezirksgericht verurteilte den ehemaligen Finanzminister Abraham Hirchson wegen Diebstahls von über 1,8 Millionen Schekel (rund 330 000 Euro), aber auch wegen Geldwäsche, Urkundenfälschung, Betrug, Amtsmissbrauch zu fünf Jahren und fünf Monaten Gefängnis und zu einer Geldstrafe von 450 000 Schekel (rund 80 000 Euro). Hirchson will Berufung einlegen.

Mit einer solchen ist der frühere Gesundheits- und Arbeitsminister Schlomo Benizri gescheitert. Er war zuvor von einer unteren Instanz zu anderthalb Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 80 000 Schekel wegen Korruption und Behinderung der Justiz verurteilt worden. Das oberste Gericht in Jerusalem erhöhte nun die Haftstrafe auf vier Jahre. Hirchson war jahrzehntelang der hinterste aller Hinterbänkler der nationalkonservativen Likud-Partei und gleichzeitig Boss der kleinen „Nationalen Gewerkschaft“ und der „Nationalen Krankenkasse“. Bekannt wurde er als Gründer des sogenannten Marsch der Lebenden, der nun alljährlich zwischen dem ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz und den Gaskammern von Birkenau stattfindet.

Der frühere Premier Ehud Olmert, mit dem er in die liberale Kadima-Partei übergewechselt war, belohnte seinen treuesten Paladin mit dem enorm einflussreichen Amt des Finanzministers, das er mehr schlecht als recht ausübte – bis der Skandal aufflog, der ihn nun hinter Gitter bringt: Hirchson hatte als Abgeordneter unzählige dicke Geldumschläge von „seiner“ Gewerkschaft erhalten. Zuerst bestritt er alles und erfand eine italienische Tante, die ihm Gelder habe zukommen lassen. Selbst als Untergebene den von ihm organisierten Betrug und Diebstahl gestanden hatten, gab er nichts zu. Erst als die Mittäter als Zeugen gegen ihn auftraten, lenkte der schwergewichtige Lebemann ein und ließ seinen hochverschuldeten Sohn um Gnade bitten. Über eine Million Schekel zahlte er in die Gewerkschaftskasse zurück und zuletzt, einen Tag vor der Verkündung des Strafmaßes, noch einmal 570 000 angeblich bei Freunden zusammengebettelte Schekel.

Rabbi Benizri von der ultrareligiösen Schas-Partei wollte auch nach dem zweiten Schuldspruch seine Verbrechen nicht einsehen: Das Gericht habe ihm doch bestätigt, dass er keinen einzigen Schekel für sich genommen habe. Benizri hatte vor allem als Arbeitsminister einem befreundeten Baumeister zu Bewilligungen für die Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften verholfen. Als Gegenleistung musste der Baumeister Benizri nahestehenden religiösen Institutionen Schmiergelder zukommen lassen.

Gegen beide Ex-Minister, die nach der Anklageerhebung zurücktreten mussten, forderte die Staatsanwaltschaft jeweils sieben Jahre Gefängnis und setzte sich somit weitgehend durch. Die politische Karriere des immerhin schon 68-jährigen Hirchson ist bereits beendet. Doch der zwanzig Jahre küngere Benizri könnte durchaus ein Comeback wagen. Genau das versucht sein Freund, der Schas-Gründer und ehemalige Parteichef und fast allmächtige Innenminister Arie Deri in diesen Tagen. Deri war im Jahre 2000 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden wegen Korruption und Betrugs. Er hatte 155 000 Dollar Bestechungsgelder eingetrieben. Der Skandal erschütterte nicht nur die gesamte Justiz, sondern brach den ethnischen Graben zwischen den Sepharden, den orientalischen Juden, deren religiöser Teil sich in der Schas vertreten sieht, und den aus Europa und Amerika stammenden Aschkenasen (welche die meisten Richter stellten), sowie denjenigen zwischen Religiösen und Säkularen wieder auf. Nun bemüht sich Deri wieder eifrig um ein öffentliches Amt.

Und da wäre noch der frühere Regierungschef Olmert, der sich nun nach einer Operation in den USA letzten Verhören wegen des Verdachts der Bereicherung im Amt, des Betrugs und der Korruption unterziehen muss. Ihm droht im Fall eines Schuldspruchs eine lange Gefängnisstrafe.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false