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„Nieder mit Israel“: Die sudanesische Führung macht Jerusalem für den Angriff auf eine Rüstungsfabrik verantwortlich.

© AFP

Israel: Kampf an vielen Fronten

Zwischen Israel und der Hamas herrscht nur eine brüchige Waffenruhe. Und offenbar hat die Regierung Netanjahu auch Ziele im Sudan angegriffen.

Am Mittwochmorgen waren in Israel pro Stunde noch 50 Einschläge von Kassam-Raketen und Mörsergranaten in den grenznahen Ortschaften verzeichnet worden. Am Donnerstag schlug zwischen 6.30 und 7.30 Uhr keine einzige Rakete ein. Damit war klar, dass der von Ägypten ausgehandelte Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas, der in der Nacht zum Donnerstag in Kraft trat, im Gazastreifen fast vollständig hält. Dennoch ist damit zu rechnen, dass die Feindseligkeiten eher früher als später wieder aufflammen werden. Derzeit haben allerdings weder Israel noch die islamistische Hamas ein Interesse an einer Eskalation der Gewalt.

Doch dies kann sich jederzeit ändern. So ist nicht auszuschließen, dass ein Überraschungsangriff palästinensischer Extremisten durch einen israelischen Gegenangriff vergolten wird. Möglich ist auch, dass nach der gezielten Tötung von palästinensischen Kommandanten durch die israelische Luftwaffe Raketen von der Gegenseite abgefeuert werden.

Je heftiger die Auseinandersetzungen sind, umso lauter ruft die israelische Rechte nach einem erneuten Einmarsch in den Gazastreifen. Zwar würde dies wieder internationale Proteste auslösen, doch es wäre wohl relativ risikolos, wie die umstrittene Operation „Gegossenes Blei“ im Dezember 2008 und Januar 2009 bewies. Denn anders, als von der Front ferngehaltene Medien berichteten, handelte es sich nicht um einen eigentlichen Krieg. Die Hamas-Truppen kämpften kaum, sondern sie zogen sich langsam, aber stetig zurück. Mehr als tausend Palästinenser wurden getötet, aber nur zehn israelische Soldaten fielen.

Doch vor dem aktuellen Waffenstillstand schwiegen Israels Nationalisten. Schließlich wollen sie nicht mit Kriegsgeschrei die eigenen Wahlchancen torpedieren. Die Aussicht auf einen Krieg jagt den Wählern Angst ein.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu schaffte es unterdessen, einen Bogen von dem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen und der atomaren Bedrohung durch den Iran zu schlagen. Angeblich haben vier israelische Kampfflugzeuge eine sudanesische Waffenfabrik zerstört. Glaubt man den Behauptungen der sudanesischen Regierung in Khartum, dann war dies der fünfte israelische Luftangriff gegen Ziele im Sudan seit Januar 2009. Vor allem aber war der Luftangriff eine dröhnende Warnung an den Iran: Mühelos gelangte Israels Luftwaffe in das 1600 Kilometer entfernte Khartum. Die Überwindung dieser Distanz bis zu den iranischen Atomrüstungsanlagen stellt daher kein flugtechnisches Problem dar.

Netanjahu missbrauchte zudem den tödlichen Schlagabtausch zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden Hamas für seinen Wahlkampf. Er versprach, die vom Raketenbeschuss bedrohte Zone, in der alle Gebäude meist durch Betondecken gegen Kassam-Raketen geschützt werden, von 4,5 auf sieben Kilometer auszudehnen. Vier Jahre lang hatte sich seine Regierung gegen entsprechende Forderungen der bedrohten Bevölkerung gestemmt. Nun plötzlich gab Netanjahu nach.

Der Konflikt mit der Hamas hat die Islamisten im Gazastreifen auch in ihrer Rolle als einzige militärische Widerstandsbewegung gegen Israel bestätigt. Die Hamas feierte zudem mit dem ersten offiziellen Besuch eines ausländischen Staatschefs, des Emirs von Katar, auf dem Herrschaftsgebiet des Gazastreifens einen diplomatischen Erfolg. Es gelang der Hamas auf diesem Weg, ihre Verweigerung mit Blick auf freie Wahlen im Gazastreifen und den Boykott der Kommunalwahlen im Westjordanland vergessen zu machen.

So ist es nicht überraschend, dass die gemäßigtere Fatah, die Palästinenserbehörde unter Präsident Mahmud Abbas im fernen Ramallah äußerst wütend auf die Visite des Emirs und dessen Hilfszahlung in Höhe von 400 Millionen Dollar reagierte, während sie nicht einmal die Löhne ihrer öffentlichen Bediensteten auszahlen kann.

Die von der Fatah angeführte palästinensische Dachorganisation PLO, der die Hamas nicht angehört, besaß bisher ein außenpolitisches Quasi-Alleinvertretungsrecht. Auf der anderen Seite standen nur Staaten wie der Iran und Syrien hinter der Hamas, stellten aber in der letzten Zeit ihre Unterstützung weitgehend ein. Der „historische Besuch“ des Emirs von Katar hat aber die innerpalästinensischen Machtverhältnisse kräftig durcheinandergewirbelt.

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