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Israel: Platzt Katsavs Deal mit dem Staatsanwalt?

Die Wucht der öffentlichen Protestwelle gegen die Einigung zwischen dem schwerster Sexualverbrechen beschuldigten Ex-Präsidenten Katsav und der Anklagebehörde überrascht.

Damit hatten weder Israels Ex-Präsident Mosche Katsav noch seine zahlreichen Starverteidiger und erst recht nicht Generalstaatsanwalt Menachem „Meni“ Masus gerechnet. Zwar befürchteten sie öffentliche Proteste gegen die Einigung zwischen dem schwerster Sexualverbrechen beschuldigten Katsav und der Anklagebehörde. Doch das Ausmaß und die Wucht dieser Protestwelle überraschten.

20 000 demonstrierten am Samstagabend vor dem Tel Aviver Rathaus gegen Katsav, Masus und für einen Prozess. Sie waren spontan einem Aufruf von Frauen- und Opferorganisationen gefolgt. In den Wochenendausgaben der Zeitungen und im Fernsehen meldeten sich hochrangige Juristen mit beißender Kritik an Masus: Er habe eine für Katsav vernichtende Anklageschrift angekündigt und begnüge sich nun mit einer Übereinkunft zu minderen Delikten. Für Vergewaltigung liegt die Höchststrafe bei 20 Jahren Haft, für die nun von Katsav eingestandenen Sittlichkeitsdelikte bei sieben Jahren. Die Staatsanwaltschaft hat sich jedoch verpflichtet, nur eine bedingte Gefängnisstrafe und Geldbuße zu verlangen.

Masus selbst stellte sich Journalistenfragen in einer TV-Sendung. Er nannte den 61-jährigen Katsav einen „sexuellen Serienverbrecher“ während rund zwei Jahrzehnten als Minister und Staatspräsident. Doch lägen nicht „hinreichend solide Beweise“ für eine Anklage wegen Vergewaltigung der Präsidentensekretärin A. vor. Es seien aber in ihrem Fall immer noch Beweise vorhanden. Masus hatte ursprünglich von mindestens zwei vergewaltigten Frauen gesprochen. Vor allem aber gestand Masus ein, dass, falls die außergerichtliche Einigung doch nicht in Kraft treten sollte – etwa weil Katsav sich nicht an sie hält oder das Gericht sie zurückweist –, die ursprüngliche Anklageschrift eingereicht werde, welche ihn unter anderem der Vergewaltigung zweier Frauen beschuldigt. Diese Aussage steht nach Ansicht etwa des ehemaligen Vizepräsidenten des Obersten Gerichtes Elijahu Matsa im Widerspruch zu Masus’ Rechtfertigung des „Deals“.

Matsa und andere Juristen wiesen am Sonntag darüber hinaus auf einen schweren Formfehler der Staatsanwaltschaft hin, der bisher übersehen worden ist und dazu führen könnte, dass der Deal vor Gericht scheitert. Opfer von Sexualverbrechen müssen vom Staatsanwalt angehört werden, bevor er über eine außergerichtliche Einigung entscheidet. Das wurde missachtet, indem zuerst der Deal mit Katsavs Anwälten geschlossen wurde und seine Opfer erst danach kurzfristig zur Staatsanwaltschaft gebeten wurden. Dort wurden sie aber nicht angehört, sondern bekamen nur den Deal mitgeteilt. Charles A. Landsmann

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