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Israel und Ägypten: Schweigen – für den Frieden

Jerusalem fürchtet den Sturz des ägyptischen Präsidenten, weil er als Garant für die Beziehungen gilt.

Jedes offizielle israelische Wort zu den dramatischen Ereignissen im Nachbarland Ägypten schadet dem kalten Frieden zwischen den beiden Staaten, Präsident Hosni Mubarak und Israel selbst. In dieser Einschätzung sind sich israelischen Experten einig, ob sie Diplomaten, Geheimdienstler oder Publizisten sind.

Im Jerusalemer Außenministerium tagte seit dem frühen Samstagmorgen, also trotz des Sabbat-Ruhetages, der vom Ministeriumsgeneraldirektor Jossi Gal einberufene Krisenstab. Offizielle Stellungnahmen zu Ägypten sind aber nicht zu erwarten. Ein einziger Minister, der aber anonym bleiben wollte, äußerte gegenüber einem Medienvertreter seine Unterstützung für Mubarak, der als Garant für den israelisch-ägyptischen Frieden gilt. Prompt wurden er von verschiedensten Seiten gerüffelt.

Ephraim Levy, als ehemaliger Mossad-Geheimdienstchef und jahrelang führender Unterhändler in den meist geheimen Gesprächen mit arabischen Staaten wohl oberster Experte im Land, forderte im israelischen Rundfunk alle Politiker auf, zu schweigen. Jedes Wort zu Ägypten aus israelischem Munde schade nicht nur dem Frieden, sondern im konkreten Fall auch und vor allem Mubarak.

Ehud Ya’ari, führender Experte mit besten Kontakten zu allen politischen Kreisen in Kairo, warnte indirekt vor den Folgen eines Sturzes des Mubarak-Regimes: Keine einzige oppositionelle Gruppierung würde den Friedensvertrag in der gegenwärtigen Form akzeptieren. Der Ex-Geheimdienstler Levy verteidigte seine CIA-Kollegen und auch die eigenen: Niemand habe das Geschehen voraussehen können, also habe niemand versagt. Es sei auch jetzt keine einheitliche Führung des Aufstandes auszumachen. Vor allem aber hätten die Demonstranten selbst vor wenigen Tagen nicht gewusst, dass sie auf die Straße gehen würden.

Israels ehemaliger Botschafter in Kairo, Eli Shaked, wertete, wie auch alle anderen israelischen Experten, die Stellungnahmen der Amerikaner – Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton – zu Ägypten als Fehler. Sie seien ein Zeugnis des anhaltenden Unverständnisses Washingtons für die arabische Welt. Die amerikanischen Forderungen an Mubaraks Adresse, mehr Demokratie zuzulassen, stünden im krassen Gegensatz zu den Erfahrungen in anderen arabischen Staaten. Denn wo immer es Bemühungen für eine Demokratisierung gegeben habe, führten diese ausnahmslos zu antiamerikanischen Entwicklungen: so im Irak, in Afghanistan und insbesondere in den palästinensischen Gebieten, wo die pro-iranische, radikalislamische Hamas via Wahlurne die Macht zumindest im Gazastreifen übernommen habe.

Am Abend ließ Israel die Familien von Diplomaten in Ägypten sowie 40 Touristen, die sich in Kairo aufgehalten hatten, aus dem Land ausfliegen. Das Flugzeug aus Kairo landete am Abend auf dem Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv.

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