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Made in Germany. Auch zu Wasser will Israel seine Sicherheit mit modernen Waffen wie U-Booten schützen.

© Baz Ratner/Reuters

Israels neuer Botschafter im Interview: "Deutsche U-Boote spielen für uns eine große Rolle"

Jeremy Issacharoff, Israels neuer Botschafter, über militärische Hilfe, die Bedrohung durch den Iran und Jerusalems Siedlungspolitik. Ein Interview.

Herr Issacharoff, Sie sind jetzt seit gut zwei Monaten Israels Botschafter. Welchen Eindruck macht Deutschland auf Sie?

Deutschland hat mich sehr warmherzig empfangen, was mich sehr glücklich gemacht hat. Die Offenheit und Herzlichkeit hätten nicht netter sein können für einen neuen Botschafter in Deutschland. Deswegen fühle ich mich schon so, als wäre ich seit viel längerer Zeit hier. Und ich bin der Meinung, dass Deutschland ein enormes Potenzial hat – es kann deshalb mit Israel in vielen Bereichen erfolgreich kooperieren.

Zum Beispiel?

Etwa in allgemeinen Fragen der Sicherheit und bei konkreten wie dem Schutz von Bürgern. Oder in der internationalen Politik. Da ist viel in Bewegung. Deutschland spielt in der Welt inzwischen eine herausgehobene Rolle. Das ist auch für Israel von Nutzen. Unsere beiden Länder haben viele gemeinsame Interessen.

Welche sind das?

Deutschland und Israel verbindet eine besondere Vergangenheit. Daraus müssen wir eine dynamische Partnerschaft für die Zukunft machen. Das betrifft Forschung und Innovationen, aber auch strategische Fragen wie den Austausch von Geheimdienstinformationen, Anti-Terrorkampf oder Cyberkriminalität. Auf all diesen Gebieten verfügen beide Länder über großes Know-how. Dieses Wissen zusammenzubringen hat für Deutschland und Israel große Vorteile.

Gleich nach Ihrem Amtsantritt fand die Bundestagswahl statt. Nun ist mit der AfD eine rechtspopulistische Partei im Parlament vertreten. Beunruhigt Sie das?

Zunächst einmal: Wahlen und Koalitionsgespräche sind eine innere Angelegenheit. Aber was uns immer umtreibt, ist jede Form von Antisemitismus. Egal, aus welcher politischen Richtung er kommt. Auch wenn die Existenz des Staates Israel infrage gestellt wird, werden wir das keinesfalls hinnehmen. Aber Deutschland ist ein sehr tolerantes, offenes, demokratisches Land geworden. Und ich bin mir sicher, dass sich daran in absehbarer Zeit nichts ändern wird.

Welche Art Unterstützung erwartet Israel von Deutschland?

Am wichtigsten ist, dass sich beide Länder respektieren. Und akzeptieren, dass es unterschiedliche Herausforderungen gibt, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Wir können und müssen uns aber auch gegenseitig helfen. Denn uns verbinden gemeinsame Werte und Interessen. Das macht das deutsch-israelische Verhältnis aus.

Ist auch militärische Unterstützung ein fester Bestandteil dieser Beziehungen?

Es gibt nach dem Holocaust und dem Zweiten Weltkrieg eine historische Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel. Das schließt die Sicherheit des jüdischen Staats ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dies in ihrer Rede vor der Knesset betont. Dafür sind wir ihr dankbar. Das bedeutet noch nicht konkreten militärischen Beistand – wir streben immer an, uns selbst verteidigen zu können.

Aber auf deutsche U-Boote mag Israel nicht verzichten, oder?

Deutsche Firmen verfügen über eine hervorragende Expertise, wenn es um U-Boote geht. Wir haben aus diesem Grund schon in der Vergangenheit hier eingekauft. Es gibt also eine Kontinuität. Außerdem spielen U-Boote in Israels strategischen Überlegungen eine große Rolle. Auch hier steht die nationale Sicherheit im Vordergrund.

Jeremy Issacharoff (62) ist Israels höchster Repräsentant in Deutschland.
Jeremy Issacharoff (62) ist Israels höchster Repräsentant in Deutschland.

© Agnieszka Budek

Die deutsch-israelischen Beziehungen gelten als gut. Doch es gibt auch Unstimmigkeiten – beispielsweise, wenn es um den Iran geht. Ist das ein Problem?

Ich habe ja schon darauf hingewiesen, dass Deutschland und Israel gemeinsame Interessen haben. Das heißt nicht, immer einer Meinung zu sein. Wir können trotz des Atomabkommens keinen grundsätzlichen Sinneswandel bei der Führung in Teheran erkennen. Der Iran hält prinzipiell an seinem Nuklearprogramm fest. Es werden nach wie vor Raketen getestet und Terrorgruppen wie die Hisbollah oder die Hamas unterstützt. In der ganzen Region schürt die Islamische Republik Konflikte. Ganz abgesehen davon, dass das Regime im eigenen Land die Menschenrechte mit Füßen tritt. Ich glaube, dass die deutsche Regierung unsere Sorgen vor Ort versteht, dass Irans Wirken zu Instabilität in der Region führt.

Deutschland und die Europäische Union halten den Atomdeal für einen großen Erfolg. Ist das naiv?

Naiv wäre ein zu hartes Wort. Es gibt offenbar unterschiedliche Wahrnehmungen. Anders als Europa sind Israel und moderate arabische Staaten tagtäglich mit dem Iran und seinen Ambitionen konfrontiert. Deshalb suchen wir auch außerhalb der Region das Gespräch, um die Bedrohung deutlich zu machen.

War es ein Fehler, das Atomabkommen zu unterzeichnen?

Es hätte auf jeden Fall sehr viel schärfer sein und eine längere Laufzeit haben müssen. Und die Sanktionen hätten nicht gleich aufgehoben werden dürfen. Diese Vereinbarung wird den Iran nicht davon abhalten, Atomwaffen herzustellen. Es gibt keinen Grund, sich beruhigt zurückzulehnen.

Zusammen mit den Regierungen in Ankara und Bagdad will Teheran verhindern, dass im Nordirak ein unabhängiges Kurdistan entsteht. Israel hingegen erkennt den Wunsch der Kurden nach einem Staat im Nordirak an. Warum?

Es sollte alle beunruhigen, wie das Mullah-Regime im Irak vorgeht. Die iranischen Revolutionsgarden kämpfen dort, ohne es zu kaschieren. Die Kurden haben Großes im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ geleistet. Übrigens auch in Syrien. Sie verdienen internationale Unterstützung.

Was ist mit der Türkei, die gegen die Kurden vorgeht und die islamistische Hamas in Gaza unterstützt?

Nachdem es über Jahre nur begrenzte Beziehungen zwischen Ankara und Jerusalem gab, wurden 2016 wieder Botschafter ausgetauscht. Wir befinden uns in einer äußerst sensiblen Phase.

Israel fühlt sich vom Iran bedroht, Saudi-Arabien und die Golfemirate ebenfalls. Ist das eine Grundlage für eine Kooperation zwischen arabischen Staaten und dem jüdischen Staat?

Es gibt, nun ja, ähnliche Analysen. Die münden in gemeinsame Interessen. Aber vieles geschieht hinter verschlossenen Türen, offiziell sind Israelis in den Golfstaaten immer noch nicht willkommen. Dass hat der traurige Vorfall beim Judo-Turnier in Abu Dhabi gezeigt. Bei der Siegerehrung für Tal Flicker wurde Israels Hymne nicht gespielt, die Fahne des jüdischen Staats versteckt.

Die Araber greifen Israel oft auch wegen dessen Siedlungspolitik an. In dieser Frage gibt es ebenfalls Differenzen mit Deutschland. Können Sie nachvollziehen, dass der Bau von Wohnungen auf besetztem palästinensischem Gebiet regelmäßig internationale Empörung auslöst?

Um es offen zu sagen: Die Siedlungsfrage wird überbewertet. In vielen anderen Fragen kooperieren wir mit den Palästinensern. Es gibt zum Beispiel permanent Absprachen zwischen israelischen und palästinensischen Sicherheitskräften im Westjordanland.

Die Siedlungen sind kein Hindernis, wenn es um ein Einvernehmen mit den Palästinensern geht?

Wir hatten zwischenzeitlich über Monate einen Baustopp verhängt – und trotzdem sprach die palästinensische Führung nicht mit uns.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit es wieder Gespräche gibt?

Zunächst sollten keine Vorbedingungen gestellt werden. Und dann wäre es gut, wenn die Palästinenser sich nicht erst an die UN wenden. Sondern an uns. Denn nur gemeinsam mit uns kann eine Lösung gefunden werden.

Jeremy Issacharoff (62) ist seit Ende August 2017 israelischer Botschafter in Deutschland. Zuvor war der Diplomat im Außenministerium für strategische Angelegenheiten zuständig.

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