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Italien: Fini trennt sich von Berlusconi

Heim zu Mama: Mit einem exakt inszenierten Auftritt in der Öffentlichkeit hat Gianfranco Fini das Ende seiner Partei-Ehe mit Silvio Berlusconi besiegelt.

Im Dorf Mirabello bei Ferrara, wo seine leibliche Mutter zur Welt gekommen war und wo seine politische Mutter, die postfaschistische Partei MSI, ihn 1987 zu ihrem Führer erkoren hatte, gab der Parlamentspräsident dem Regierungschef zu verstehen, dass an eine Aussöhnung nicht mehr zu denken ist. Die Regierungspartei „Volk der Freiheit“, 2009 als Fusion von Berlusconis Wahlverein „Forza Italia“ und Finis „Alleanza Nazionale“ gegründet, sei einmal „eine faszinierende politische Idee“ gewesen, sagte Fini. Nun existiere sie nicht mehr: „Eine Rückkehr ins gemeinsame Haus ist also unmöglich.“

Mit der Rede vor mehreren tausend Anhängern versuchte sich Fini am Sonntagabend seine frühere Wählerschaft und seine Rolle als politische Führungsfigur zurückzuholen, nachdem er von Berlusconi Ende Juli faktisch der Partei verwiesen worden war. Im Parlament hat sich Fini bereits wieder auf eigene Beine gestellt: Etwa 45 Abgeordnete und Senatoren sind aus Berlusconis Fraktion ausgeschieden und haben unter dem Namen „Zukunft und Freiheit“ eine eigene Gruppe gegründet. Noch mehr Gefolgsleute hat Fini zwar an Berlusconi verloren, die Gruppe der „Separatisten“ ist aber so stark, dass Berlusconi seine Mehrheit im Abgeordnetenhaus verloren hat.

Der Regierungschef hat im August nichts unversucht gelassen, um die „Finianer“ zurückzuholen. Die Parlamentssaison will Berlusconi kommende Woche mit einer Vertrauensabstimmung über „fünf Punkte“ seiner Regierung eröffnen; für den Fall, dass Finis Leute gegen ihn stimmen, droht Berlusconi mit Neuwahlen. Fini indes denkt gar nicht daran, die Regierung platzen zu lassen. Seine Fraktion schwört, „Berlusconi bis ans Ende der Legislaturperiode 2013 die Treue zu halten“ – jedenfalls dann, wenn der Ministerpräsident „die Abgeordneten als Diskussionspartner ernst nimmt und nicht, wie bisher, als Untertanen behandelt“. Berlusconi soll ferner auf weitere Gesetze zu privatem Nutzen verzichten – etwa auf solche, die ihn von Strafprozessen befreien.

Berlusconi muss nun, zweieinhalb Jahre nach seinem großen Wahlsieg, über jedes seiner Vorhaben mit den „Finianern“ verhandeln. Für einen, der bisher meist mit „Eil“- oder „Notdekreten“ regierte, deren nachträgliches Abnicken ihm eine ebenso üppige wie gefügige Parlamentsmehrheit garantierte, ist das eine vergleichsweise unbequeme Entwicklung. Außerdem hat Berlusconi nun – neben der rechtspopulistischen Lega Nord – mit einem zweiten Koalitionspartner zu tun; und jeder von den beiden kann den Regierungschef zu Fall bringen.

Berlusconi hätte aber auch von Neuwahlen keine große Besserung zu erwarten. Den Umfragen nach ginge er aus ihnen zwar als Sieger hervor, wäre aber stark geschwächt. Ferner ist offen, ob es dem durch Skandale und schwache Reformleistungen angeschlagenen Berlusconi tatsächlich gelingt, mit der Kraft seiner Person die „abtrünnigen Finianer“ unter die parlamentarische Vier-Prozent-Hürde zu drücken. Weil im Gegenzug aber auch Fini nicht weiß, ob er mit seiner neuen, formell noch nicht einmal gegründeten Partei den Einzug ins Parlament schafft, und weil die linke, zerstrittene Opposition auch keinerlei Aufwind vonseiten der Wähler spürt, strebt faktisch niemand nach Neuwahlen – außer der Lega Nord. Andererseits sind sich alle einig, dass es politisch so nicht weitergehen kann. Zu welchen Lösungen das führt, weiß derzeit niemand.

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