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In mehreren Städten Italiens gab es Proteste gegen die neue Regierung.

© REUTERS

Italien in der Krise: Monti stellt sein Programm vor – noch ist es unklar

Streng beim Haushalt, aber sozial ausgewogen: Mario Monti wirbt um Vertrauen - und sagt, Italien erlebe die schwierigsten Jahre seit dem Zweiten Weltkrieg.

Mit einer ebenso dichten wie in der Gesamtheit schwer zu interpretierenden Antrittsrede hat Italiens neuer Regierungschef Mario Monti am Donnerstag um das Vertrauen des Parlaments geworben. Konkrete Reformen, die einzelne Parteien verprellt oder womöglich sofort Streit ausgelöst hätten, legte der 68-Jährige noch nicht vor. Er beschränkte sich auf eine Analyse der Lage – „die schwierigsten Jahre seit dem Zweiten Weltkrieg“ – und setzte „drei Pfeiler“ für seine Reformen: „Strenge beim Haushalt, Wachstum, soziale Ausgewogenheit“. Den Senat konnte Monti mit seinem Programm am Donnerstag voll überzeugen: Bei der Abstimmung im Oberhaus sprachen ihm am Abend 281 Senatoren das Vertrauen aus, 25 stimmten gegen den neuen Premier.

Monti verlangte, alle politischen Kräfte sollten an einem Strang ziehen, andernfalls würde Italien, vor allem aber die sozial Schwächeren von der Krise überrollt. Er warnte, die tief eingewurzelten Probleme Italiens ließen sich nicht in ein paar Monaten lösen, „aber je später wir reformieren, umso später zeigen sich die Früchte“.

Monti kündigte einen Mix aus sofortigen Maßnahmen und Strukturreformen an. Zuerst will der Nachfolger von Silvio Berlusconi die „Kosten der Politik auf allen Ebenen senken“. Das gebe „ein konkretes und unmittelbares Signal“. Die Versprechen Berlusconis gegenüber Brüssel will Monti erfüllen. Murren im Senat erzeugte aber sein Satz, Rom werde seine Fortschritte auf dem Weg zum ausgeglichenen Staatshaushalt „international überwachen“ lassen: „Das schafft Glaubwürdigkeit.“

Auf die von Berlusconi strikt abgelehnte Vermögensteuer ging Monti nicht direkt ein. Er sagte nur, die in Italien überdurchschnittlich hohen Lohnnebenkosten sollten gesenkt und dieser Schritt mit „höheren Abgaben auf Eigentum und Konsum finanziert“ werden. Zudem deutete Monti an, Italien könnte in Abkehr vom populärsten und tatsächlich umgesetzten Wahlversprechen Berlusconis die Haus- und Grundsteuer wieder einführen.

Besonderes Augenmerk will Monti auf die Zukunft sowie auf die Arbeitschancen von Jugendlichen und von Frauen lenken. Das seien „die beiden größten verschleuderten Ressourcen Italiens“, sagte er. Daneben verlangte er, die Spaltungen in Politik und Gesellschaft müssten überwunden werden.

Berlusconi indes schwankt offenbar noch, wie weit seine Partei die neue Regierung stützen soll. Einerseits sagte er, bei Monti sei „Italien in guten Händen“, andererseits wiederholte er, mit Montis „von Brüssel und vom Staatspräsidenten aufgezwungener“ Bestellung sei „die Demokratie aufgehoben“. Über die Lebensdauer der Regierung Monti, sagte Berlusconi, „entscheiden wir, meine Partei und die Lega Nord als Koalitionspartner. Wir haben im Senat die Mehrheit.“

Tausende Studenten haben am Donnerstag in mehreren italienischen Städten gegen befürchtete Kürzungen durch Montis neue Experten-Regierung demonstriert. Einige Demonstrationen standen dabei unter dem Moto „Nein zu der Regierung der Banker“. In Rom kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Studenten und Polizei. Der frühere EU-Kommissar Monti war einst auch Berater der Investmentbank Goldman Sachs. In seinem Kabinett sitzt als Minister für Wirtschaftsentwicklung und Infrastruktur auch Corrado Passera, bisheriger Chef der zweitgrößten Bank Italiens, Intesa San Paolo. mit dpa

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