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Italien: "Man wird uns nachtrauern"

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist zurückgetreten. Drei Wochen nach den Parlamentswahlen hat Berlusconi bei Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi formell seinen Rücktritt eingereicht.

Rom - Drei Wochen nach den Parlamentswahlen in Italien hat Silvio Berlusconi den Weg für Romano Prodi freigemacht: Der amtierende Ministerpräsident reichte am Dienstag formell seinen Rücktritt ein. Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi habe den Rücktritt angenommen, aber gleichzeitig Berlusconi gebeten, bis zur Bildung einer neuen Regierung des Mitte-Links-Lagers von Romano Prodi die Amtsgeschäfte weiterzuführen, hieß es in einer Mitteilung aus dem Amtssitz des Staatspräsidenten.

Am Mittag hatte Berlusconi zunächst den letzten Ministerrat seiner Regierung einberufen und die Ressortchefs über seinen Rücktritt informiert. «Wir haben unser Programm durchgeführt und wir waren die beste Regierung dieser Republik. Man wird uns nachtrauern», zitierten mehrere Minister Berlusconi. Das Mitte-Links-Bündnis werde «kein leichtes Leben haben», erklärte er weiter.

Wann genau Prodi den Auftrag zur Kabinettsbildung bekommt, war unterdessen weiter unklar. Prodi dringt auf eine rasche Regierungsübernahme und hatte zuletzt betont: «Unser Ziel ist es, am 4. oder 5. Mai bereit zu stehen.» Jedoch blieb es auch am Dienstag unsicher, ob Prodi den Auftrag noch von Ciampi oder erst von dessen Nachfolger erhalten wird. Der neue Staatspräsident soll voraussichtlich Mitte Mai gewählt werden.

Unterdessen gab es weiter Spekulationen über die künftige Besetzung der Ministerposten. Die Spitzenpolitiker der Mitte-Links- Allianz Piero Fassino und Francesco Rutelli seien als Vize- Ministerpräsidenten im Gespräch, berichtete die Zeitung «Il Sole 24 Ore» zuletzt. Die ehemalige EU-Kommissarin Emma Bonino soll Gerüchten zufolge Ministerin für Europaangelegenheiten werden, bekundete jedoch auch Interesse am Verteidigungsministerium. Als sicher gilt, dass der Finanzexperte Tommaso Padoa Schioppa aus der Führung der Europäischen Zentralbank neuer Wirtschaftsminister werden soll.

Vor allem über die bevorstehende Wahl des Staatspräsidenten ist ein heftiger Streit zwischen den Parteienlagern entbrannt. Während die in der neuen Regierungskoalition einflussreichen Linksdemokraten ihren Kandidaten Massimo D'Alema durchsetzen möchten, fordert Berlusconi, dass der neue Präsident keinesfalls aus der Mitte-Links- Koalition stammen soll. Berlusconi hat selbst Interesse an dem Posten signalisiert. Als einer der aussichtsreichsten Kandidaten gilt der gemäßigte Politiker Giuliano Amato, der Unterstützer in beiden Lagern hat. Amato, der heute stellvertretender Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Europas ist, war von 1992 bis 1993 und von 2000 bis 2001 italienischer Ministerpräsident.

Das Mitte-Links-Bündnis des parteilosen Wirtschaftsprofessors Prodi hatte bei den Parlamentswahlen am 9./10. April eine knappe Mehrheit gewonnen. Jedoch hatte Berlusconi den Wahlsieg des linken Lagers lange angezweifelt. Einsprüche seiner Mitte-Rechts-Koalition wurden aber von den Gerichten zurückgewiesen. (tso/dpa)

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