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Monti und Berlusconi: Rücktritt und Rückkehr.

© dpa,AFP

Italien: Monti und Berlusconi: Rücktritt und Rückkehr

Italiens Premier Monti gibt auf - weil sein Vorgänger Berlusconi und dessen Partei der Regierung indirekt das Vertrauen entzogen.

Italien stürzt auf vorgezogene Neuwahlen zu. Zur Verblüffung aller hat Regierungschef Mario Monti am Samstagabend dem Staatspräsidenten seine „unwiderrufliche Absicht zum Rücktritt“ bekannt gegeben; Monti beendet damit die Amtszeit seiner „Techniker“-Regierung zwei Monate vor dem regulären Ende.

Monti will nur noch die von den Parteien garantierte Verabschiedung des Haushalts für 2013 abwarten. Das wird spätestens in acht Tagen geschehen, weil die Parteien nun selbst an einer Beschleunigung interessiert sind. Damit kann Staatschef Giorgio Napolitano das Parlament noch vor Weihnachten auflösen. Das Gesetz schreibt dann 45 Tage Abstand bis zu den Neuwahlen vor; damit werden die Italiener wohl bereits Mitte Februar zu den Urnen gerufen, nicht erst zum normalen Ende der Legislaturperiode Mitte April.

Monti reagiert mit seinem Rücktritt auf das Vordringen Silvio Berlusconis. Dieser hatte am Donnerstag nicht nur seine eigene Neukandidatur für den Posten des Regierungschefs angekündigt, sondern gleichzeitig seine Partei angewiesen, dem amtierenden Ministerpräsidenten Monti das Vertrauen zu entziehen. Dies geschah – und darüber war Monti erbost – nicht über ein formelles Misstrauensvotum, sondern „lediglich“ über eine Brandrede von Berlusconis Parteisekretär Angelino Alfano. Dieser rammte am Freitag im Parlament mit nie zuvor gehörter Härte alles in Grund und Boden, was Monti (zusammen mit den politischen Parteien) in seinen dreizehn Monaten Amtszeit bewerkstelligt hatte. Gleichzeitig betonte Alfano das „Verantwortungsbewusstsein“ seiner Partei, Monti nicht formell zu stürzen.

Der Regierungschef freilich las das anders: als eine kalte Entmachtung. Monti hätte zwar im Amt bleiben dürfen, er hätte aber keine Reform mehr durchgebracht und lediglich eine Zielscheibe abgegeben, gegen welche Berlusconis Wahlkämpfer pausenlos geschossen hätten. „Da ist in mir die Überzeugung gereift, dass es so nicht weitergehen konnte“, sagte Monti der Zeitung „Corriere della Sera“. Und so ging er am Samstagabend – „also lieber zu einer Zeit, in der die internationalen Finanzmärkte geschlossen hatten“, wie er ausdrücklich anmerkt – zum Staatspräsidenten.

„Das haben wir geschafft, das war der erste Sieg Berlusconis!“, jubeln nun dessen Parteigänger: „Der Rücktritt ist Montis bisher beste Entscheidung!“ Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, Pier Luigi Bersani, spricht von einem „Akt der Würde“.

Und für die Christdemokraten, Montis bisher loyalste Unterstützer im Parlament, sagt Parteichef Pier Ferdinando Casini: „Alle, die glaubten, sie könnten Monti auf ihren eigenen Wellen treiben lassen, sind nun bedient.“

Gerade die Christdemokraten und andere kleinere Gruppierungen der Mitte, die sich an der Fünf-Prozent-Hürde entlanghangeln, hoffen darauf, Monti möge sich nun ihnen als Zugpferd im Wahlkampf zur Verfügung stellen. Dasselbe hofft eine noch nicht endgültig formierte „Bürgerliste“ um Ferrari-Chef Luca Cordero di Montezemolo.

Monti selbst hat bisher alle entsprechenden Anfragen unbeantwortet gelassen. Nun aber, im nächtlichen Gespräch mit dem „Corriere della Sera“ nach der Rücktrittsankündigung, deutete er offenbar an, er habe nun „die Hände frei“.

Mit der vorzeitigen Auflösung des Parlaments bekommt Italien zwar noch seinen „Stabilisierungshaushalt“ für 2013 – eine Beunruhigung Europas und der Finanzmärkte durch eine provisorische Regelung soll damit vermieden werden –, andere Entwürfe aber bleiben liegen. Unter ihnen befindet sich ein Gesetz zur Ankurbelung der Wirtschaft.

Vor allem aber bleibt die Reform des Wahlrechts liegen, das in seiner jetzigen Fassung den Wählerwillen gleich mehrfach verzerrt. Zwar hatten alle Parteien versprochen, diese „Schweinerei“ zu ändern – das Wahlgesetz heißt tatsächlich „porcellum“, nach „porco“ (Schwein). Weil jeder das Gesetz aber auf seine Weise für nützlich befindet, ist diese Reform unterblieben.

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