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Italien: Prognosen sehen Prodi vor Berlusconi

Bei den Parlamentswahlen in Italien zeichnet sich ein Machtwechsel ab. Ersten Prognosen zufolge errang Oppositionsführer Romano Prodi eine Mehrheit vor Ministerpräsident Silvio Berlusconi.

Rom - In Italien deutet sich ein Machtwechsel an: Nach Prognosen und ersten Hochrechnungen muss Ministerpräsident Silvio Berlusconi bei den Parlamentswahlen mit einer Niederlage rechnen. Herausforderer Romano Prodi erhielt mit seinem Mitte-Links-Bündnis voraussichtlich über 50 Prozent der Stimmen. Der ehemalige EU- Kommissionspräsident Prodi, der bereits von 1996 bis 1998 Regierungschef in Italien war, könnte demnach in beiden Parlamentskammern über eine Mehrheit verfügen, berichtete das staatliche Fernsehen am Montagabend.

Prodi rief zu einer Siegesfeier am Abend auf der Piazza del Popolo in Rom auf. Francesco Rutelli, einer der führenden Oppositionspolitiker, sagte: «Wir haben gewonnen!» Dagegen äußerten sich Spitzenpolitiker aus dem Regierungslager zunächst nicht und wollten endgültige Ergebnisse der zweitägigen Wahlen abwarten. Diese könnten sich jedoch bis in die Nacht verzögern, hieß es in Rom.

Nach übereinstimmenden Wählerbefragungen der Meinungsinstitute konnte das Prodi-Bündnis «Unione» zwischen 50 und 54 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen. Dagegen komme Berlusconis Mitte-Rechts- Lager nur noch auf 45 bis 49 Prozent. Nach vorläufigen Hochrechnungen lag Prodi mit 50,4 Prozent der Stimmen im Senat vorn. Das Berlusconi Bündnis kam dort lediglich auf 48,6 Prozent, berichtete das staatliche Fernsehen rund drei Stunden nach Schließung der Wahllokale.

Damit würde die Prodi-Allianz über 158 Sitze im Senat verfügen, Berlusconis Bündnis über 151 Mandate. Nach dem neuen Verhältniswahlrecht mit einem Bonus für das stärkste Parteienbündnis erhalte das Prodi-Lager im Abgeordnetenhaus mindestens 340 von insgesamt 630 Sitzen, hieß es weiter. Prodis wichtigstes Ziel ist es nach eigenen Angaben, Italien aus der Wirtschaftskrise zu führen.

«Die Regierung Berlusconi ist entlassen worden», kommentierte ein Experte im öffentlichen RAI-Fernsehen. Ein Mitglied der Linksunion meinte: «Italien hat entschieden, ein neues Kapitel aufzuschlagen.» Der 66 Jahre alte parteilose Prodi ist Wirtschaftsprofessor und gilt als pragmatisch ausgerichteter Politiker. Er hatte bereits bei den Wahlen vor zehn Jahren gegen Berlusconi gewonnen und erstmals in Italien die Linke an die Macht geführt.

1998 brachten die Kommunisten Prodi im Parlament zu Fall. Nach seinem Sturz wurde er EU-Kommissionspräsident in Brüssel, erst im vergangenen Jahr kehrte Prodi in die italienische Innenpolitik zurück und einigte die Linksparteien.

Dagegen gilt der 69-jährige Multimilliardär Berlusconi als einer der schillerndsten und umstrittensten Politiker in der Europäischen Union. Kritiker in Italien und im Ausland monierten immer wieder, der Fernsehunternehmer Berlusconi habe zu viel Medienmacht angehäuft: So gehören unter anderem die drei größten TV-Privatsender zu seinem Familienkonzern. Außerdem gab es in der Vergangenheit ein halbes Dutzend Strafverfahren gegen Berlusconi, unter anderem wegen Bestechung und illegaler Parteienfinanzierung. (tso/dpa)

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