zum Hauptinhalt

Politik: Italienisch für Anfänger

Bereits am Nachmittag flog der Kanzler wieder nach Deutschland zurück. Offenbar wollte Gerhard Schröder am Freitag in Triest das Treffen mit Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi möglichst rasch über die Bühne bringen.

Bereits am Nachmittag flog der Kanzler wieder nach Deutschland zurück. Offenbar wollte Gerhard Schröder am Freitag in Triest das Treffen mit Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi möglichst rasch über die Bühne bringen. Auf der Tagesordnung der deutsch-italienischen Konsultationen: der bevorstehende EU-Gipfel in Barcelona, die Lage in Afghanistan und im Nahen Osten sowie der EU-Verfassungskonvent zur Reform der europäischen Institutionen. Das einträchtige Bild von Schröder und Berlusconi beim Empfang des deutschen Regierungschefs auf der zentralen Piazza von Triest konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade die Europapolitik seit Berlusconis Amtsantritt im Frühjahr 2001 das deutsch-italienische Verhältnis belastet.

Dabei steht Berlusconi heute stärker da denn je. Das liegt vor allem auch an der Schwäche des oppositionellen Mitte-Links-Bündnises, des "Olivenbaums". Inzwischen bekundet auch die linke Wählerbasis offen ihren Unmut über das von Francesco Rutelli geführte Oppositionsbündnis. Seit der bekannte Regisseur Nanni Moretti vor einigen Wochen gegen die "viel zu liberale und schlappe" Führung des "Olivenbaums" wetterte, tun sich immer mehr unzufriedene Linkswähler hervor und werfen der Führung ihrer Parteien, so Moretti, Unfähigkeit angesichts der Regierung Berlusconis vor. Inzwischen sind in kürzester Zeit eine Vielzahl linker und linksliberaler Bürgerinitiativen entstanden, die, so der ehemalige Ministerpräsident Giuliano Amato, "den Linksparteien ganz gehörig den Marsch blasen".

In Turin heißen sie "Linksrebellen gegen die allgemeine linke Parteischlappheit", in Bologna heißen sie "Der Wecker", in Neapel "Auf die Straße für die Justiz". Sämtliche Gruppen bekunden ihre Unzufriedenheit mit den existierenden Linksparteien.

Die Florentiner Bürgervereinigung nennt sich "Ohne Namen". Ihr prominentestes Mitglied ist der Geographieprofessor Francesco Pardi. Für Pardi repräsentieren die Linksparteien nicht mehr die Wählerbasis. "Uns geht es um die Verteidigung des Rechtsstaats", erklärt er, "um die Verteidigung einer unabhängigen Richterschaft und unabhängiger Medien".

Die linken Bürgerinitiativen beunruhigen inzwischen das Mitte-Links-Oppositionsbündnis. So glaubt Piero Fassino, Chef der Linksdemokraten, dass der "Olivenbaum" den Protest der Bürgervereinigungen aufgreifen müsse. Ansonsten werde es "bald schon um die Linke in Italien geschehen sein". Eine Einschätzung, die von fast allen Parteiführern des "Olivenbaums" geteilt wird. Der italienische Historiker Paul Ginsborg, Gründer der Florentiner Bürgervereinigung, fragt sich allerdings, "ob unsere linken Parteien überhaupt noch fähig sind, aktiv etwas auf die Beine zu stellen". Margherita Hack, bekannte Astrophysikerin und Mitgründerin der Intitiative "Ethik und Kultur" in Genua, glaubt, dass "eine ganz neue Linke entstehen muss und die alten politischen Führer ins Altersheim gehören".

Thomas Migge

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false