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IWF-Chef: US-Regierung fordert Rückzug von Strauss-Kahn

Dicker kann es für Strauss-Kahn wohl nicht mehr kommen. Ihm droht nicht nur eine lange Haftstrafe, sein mutmaßliches Sexopfer könnte auch HIV-positiv sein. Und seine Tage als Chef des IWF scheinen gezählt: Die USA rücken von ihm ab.

Für den wegen Verdachts auf versuchte Vergewaltigung inhaftierten IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wird die Lage immer prekärer. Sein mutmaßliches Opfer hat möglicherweise Aids und könnte ihn mit dem HI-Virus angesteckt haben. Außerdem gerät der 62-Jährige zunehmend unter Druck, seinen Spitzenposten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) aufzugeben.

Das 32-jährige Zimmermädchen, das Strauss-Kahn am Wochenende in einem New Yorker Hotelzimmer angegriffen haben soll, lebe seit Jahren in Häusern, deren Wohnungen ausschließlich an HIV-Positive vermietet würden, meldete das Boulevardblatt "New York Post" am Mittwoch. "Dominique Strauss-Kahn hat möglicherweise mehr zu befürchten als nur eine Gefängnisstrafe", schrieb die Zeitung mit Blick auf eine mögliche Ansteckung. Wegen der Vertraulichkeit ärztlicher Akten sei aber unklar, ob die Frau wirklich infiziert sei.

Die USA - wichtigstes IWF-Geberland - rückten von Strauss-Kahn ab. Finanzminister Timothy Geithner forderte eine rasche Übergangslösung für die IWF-Führung. Strauss-Kahn sei "offensichtlich nicht in der Lage", den IWF zu lenken, sagte Geithner in New York.

Hinter Gittern steht der Franzose rund um die Uhr unter Beobachtung. Um einen Selbstmord zu verhindern, schauen Wachleute alle 15 bis 30 Minuten in seine Zelle im New Yorker Gefängnis Rikers Island, wie die britische BBC berichtete.

Sein mutmaßliches Opfer will in einem Prozess aussagen. Wenn die aus Guinea stammende Frau aufgefordert werde, sei sie bereit, gegen den Franzosen in den Zeugenstand zu treten, sagte ihr Anwalt Jeffrey Shapiro am Dienstag (Ortszeit) dem US-Sender CNN. Die Hotelangestellte arbeite mit Polizei und Staatsanwaltschaft zusammen.

Strauss-Kahn, der in seiner Heimat als Nachfolger von Präsident Nicolas Sarkozy gehandelt wurde, war am Samstag festgenommen worden. Am Montag hatte eine Richterin seine Freilassung auf Kaution abgelehnt, worauf der IWF-Chef nach Rikers Island im East River gebracht wurde. Er sitzt in dem riesigen Gefängnis in einer Einzelzelle und hat keinen Kontakt zu Mithäftlingen.
An diesem Freitag soll zum ersten Mal eine Grand Jury zusammentreten, die letztlich über einen Prozess gegen den 62-Jährigen entscheiden wird.

Strauss-Kahn soll in seiner Suite in einem New Yorker Hotel über das Zimmermädchen hergefallen sein. Ihm werden sechs Straftaten zur Last gelegt, für die er mehr als 70 Jahre Haft bekommen kann. Neben sexueller Belästigung ersten Grades gehören versuchte Vergewaltigung, sexueller Missbrauch und Nötigung dazu.

Bruder des Zimmermädchens: "Sie kannte ihn nicht"

Der Bruder der Frau hält es für ausgeschlossen, dass seine Schwester dem IWF-Chef eine Falle stellen wollte. "Sie kannte ihn nicht. (...) Mein Schwester ist unfähig, sich eine solche Geschichte auszudenken. Sie ist praktizierende Muslimin und trägt Kopftuch", sagte der 42-Jährige in einem Interview der französischen Tageszeitung "Le Parisien".

"Sie ist eine ehrenwerte und anständige Frau, die hart arbeitet, um ihre Tochter großzuziehen", betonte der Bruder weiter, der nach Angaben der Zeitung ein Restaurant mit afrikanischer Küche im New Yorker Stadtteil Harlem betreibt. Derzeit halte sie sich unter Polizeischutz an einem geheimen Ort auf. "Sie weint viel." "Ihre Welt hat sich total auf den Kopf gestellt", schilderte Anwalt Shapiro. "Sie hat große Angst um ihre Zukunft." Die 32-Jährige ist laut CNN eine allein stehende Mutter, die vor ein paar Jahren aus dem westafrikanischen Guinea in die USA eingewandert sei. Laut "Parisien" hat die Frau eine neunjährige Tochter, US-Medien hatten berichtet, die Tochter sei im Teenageralter.

Nach Informationen der "New York Post" wohnte Strauss-Kahns mutmaßliches Sexopfer seit Januar in einem vierstöckigen Haus in der Bronx, das nur Menschen mit HIV/Aids vorbehalten sei. Auch zuvor habe sie im selben Stadtteil drei Jahre in einem Haus gelebt, dessen Wohnungen von der Unterstützerorganisation Harlem Community AIDS United "streng nur an Aids-Kranke" vermietet würden. Nach den Regeln der Organisation müsse mindestens ein Erwachsener in der Wohnung HIV-positiv sein, um einer solches Apartment mieten zu können. Die Witwe lebe mit ihrer Tochter allein in der Wohnung.

Sarkozy untersagte seinen Regierungsmitgliedern, sich zur Festnahme des IWF-Chefs zu äußern. "Wir respektieren die amerikanische Justiz und die Unschuldsvermutung", sagte Regierungssprecher François Baroin am Mittwoch in Paris. Nach Informationen des Enthüllungsblatts "Le Canard Enchaîné" will Sarkozy den Eindruck von Schadenfreude vermeiden. Strauss-Kahn galt als sein gefährlichster Gegner für die Präsidentschaftswahl 2012. (dpa/rtr)

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