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Politik: Jacques Chirac: Der Bürgermeister zahlte bar und unter falschem Namen

Dass Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac kein armer Mann ist, dürfte feststehen. Dass er aber Reisen im Wert von 600 000 Mark aus der eigenen Tasche und in bar zahlt, stimmt die Justiz misstrauisch.

Dass Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac kein armer Mann ist, dürfte feststehen. Dass er aber Reisen im Wert von 600 000 Mark aus der eigenen Tasche und in bar zahlt, stimmt die Justiz misstrauisch. Drei Untersuchungsrichter wurden durch die vermeintliche Bezahlpraxis des Präsidenten veranlasst, näher hinzuschauen. Zwischen 1992 und 1995, damals war er noch Bürgermeister von Paris, reiste Chirac20 Mal nach Japan, Mauritius und in die USA. Ein einziger Concorde-Flug übers Wochenende nach New York samt Tochter, Bodyguard, Luxushotel und Privatchauffeur kostete knapp 40 000 Mark. Merkwürdigerweise soll Chiracs persönlicher Sekretär für jede dieser Privatreisen einen Briefumschlag mit Geldscheinen in ein Reisebüro im Pariser Nobelvorort Neuilly gebracht haben. Noch merkwürdiger: Die Tickets sollen auf den Namen eines Monsieur Bernolin oder Périac ausgestellt gewesen sein. Den Ermittlern sind jedoch die Hände gebunden, da der Präsident Immunität genießt. Dabei ist es in Frankreich verboten, Beträge von mehr als 20 000 Franc in bar zu zahlen. Solche Summen muss man per Scheck oder Kreditkarte begleichen. Die Richter aber dürfen nicht weiterforschen. Das Elysée jedenfalls empörte sich über die Verdächtigungen. Das Bargeld sei teils "Prämien" aus der Zeit, als Chirac noch Premierminister war, oder entstammte seiner Privatschatulle. Der Präsident habe sich entschlossen, das Geld in Briefumschlägen zu übergeben, um auf Nummer sicher zu gehen und Vertraulichkeit zu wahren. Gleichwohl kommt Chirac die neue Affäre denkbar ungelegen. Abermals muss sich nun die Pariser Staatsanwaltschaft damit auseinandersetzen, ob die Immunität des Präsidenten aufrecht zu halten ist. Schon in der Parteispendenaffäre hatte Chirac den Richtern eine Anhörung als Zeuge einfach verweigert. Der Untersuchungsrichter verzichtete daraufhin auf eine Vernehmung, obwohl ihm eindeutige Indizien vorlägen.

In Frankreich tangiert die Affäre indes weder Volk noch Parlament noch Medien. Nur der sozialistische Abgeordnete Arnaud Montebourg fordert ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten. Dazu sind 58 Unterschriften von Parlamentariern erforderlich. Doch nur 30 haben sich bisher bereit erklärt, die Resolution zu unterzeichen.

Michael Kläsgen

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