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Jahresbericht 2009: Robbe sieht Bundeswehr schlecht ausgestattet

Zu wenig Ärzte, mangelnde Sicherheit der Soldaten, ein grundlegendes Kommunikationsproblem: Der Wehrbeauftragte hat Sanitätswesen und Struktur der Bundeswehr kritisiert.

Kurz vor Veröffentlichung seines Jahresberichts hat der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe, scharfe Kritik am Sanitätswesen der Bundeswehr geübt: Mehr als 120 Ärzte hätten gekündigt, derzeit fehlten insgesamt 600 Militärärzte. "Der Inspekteur ist seiner Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen", so Robbe. Es sei zu spät gehandelt und  Probleme seien schön geredet worden. "Es gibt nicht wenige Experten in der Bundeswehr die davon sprechen, dass dieser Inspekteur die Sanität regelrecht vor die Wand gefahren habe."

In den Bericht flossen 5700 Eingaben von Soldaten und Erkenntnisse ein, die Robbe bei Truppenbesuchen gewann.

Die Verteidigungsexpertin der FDP-Bundestagsfraktion, Elke Hoff, führt den Ärztemangel bei der Bundeswehr darauf zurück, dass der Sanitätsdienst vor allem für junge Leute nicht attraktiv genug sei. Hoff sagte, seit zwei Jahren mache sich der Verteidigungsausschuss des Bundestages dafür stark, dass für junge Ärztinnen und Ärzte die Rahmenbedingungen familienfreundlicher würden. Dazu zähle auch, dass die Zeiten für Auslandseinsätze besser abzusehen seien.

Laut Robbe wurden im vergangenen Jahr 466 Soldaten wegen posttraumatischer Belastungsstörungen (PTBS) behandelt. Damit habe sich die Anzahl der Erkrankten im Vergleich zu 2008 fast verdoppelt. Fast 90 Prozent der erkrankten Soldaten gehörten zur Internationalen Schutztruppe ISAF in Afghanistan. Nach Angaben des Wehrbeauftragten gab es zudem Klagen über zu wenig geschützte Fahrzeuge - gerade in Afghanistan - sowie Beschwerden über sexuelle Belästigungen und frauenfeindliche Einstellungen.

Robbe kritisiert auch die Kommunikation innerhalb der Bundeswehr. "Etwas was mir Sorgen bereitet, ich sage das in aller Deutlichkeit, sind Strukturprobleme bei der Bundeswehr." Die Soldaten hätten oft das Gefühl, dass das was unten an der Basis wahrgenommen werde, bei den Entscheidungsträgern oben gar nicht richtig ankomme. Auch für die Sicherheit der Soldaten müsse mehr getan werden. Der Bild-Zeitung gegenüber bemängelte Robbe auch das Fehlen von geschützten Fahrzeugen, Maschinengewehren, Transportflugzeugen und Hubschraubern. "Für optimalen Schutz darf fehlendes Geld kein Argument sein", sagte er.

Thema des Wehrberichts sind auch die ekelerregenden Aufnahmerituale bei den Gebirgsjägern im bayerischen Mittenwald sowie Alkoholexzesse in anderen Truppenteilen. Nach Robbes Einschätzung sind Einzelfälle. Die bisherigen Untersuchungen hätten ergeben, dass die bekannten Fälle nicht "die Spitze des Eisbergs" seien, sondern nur an wenigen Standorten stattgefunden hätten. Dennoch regte Robbe eine Untersuchung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr an, um die Verbreitung und Art der Rituale möglichst genau festzustellen. Auf der Grundlage einer solchen eingehenden Prüfung könne dann entschieden werden, ob es grundsätzlichen Handlungsbedarf gebe.

Es ist der letzte Bericht des SPD-Politikers, den Robbe in seiner Funktion als Wehrbeauftragter vorlegen will. Seine fünfjährige Amtszeit läuft im Mai aus. Als Nachfolger ist der FDP-Politiker Hellmut Königshaus nominiert.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, AFP

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