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Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, stellte am Mittwoch den neuen Amnesty International Report zur Lage der Menschenrechte vor.

© dpa

Jahresbericht von Amnesty International: „Ziviles Engagement wird immer stärker behindert“

Strengere Gesetze, Hausdurchsuchungen und Überwachung: Die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) steht im Fokus des diesjährigen Jahresberichtes von Amnesty International.

Zivilgesellschaftliches Engagement leidet weltweit immer mehr unter restriktiven Gesetzen und staatlichen Schikanen. Das geht aus dem jetzt veröffentlichten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hervor. „2012 haben viele Regierungen versucht, ihren Bürgern die in den vergangenen Jahren gewonnenen Freiheiten wieder zu nehmen“, sagte Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, am Mittwoch. Staaten wie Russland, Äthiopien und Uganda behinderten mit Gesetzen und bürokratischen Schikanen zivilgesellschaftliches Engagement.

Das „düsterste“ Beispiel ist laut Çalışkan Äthiopien. Dort traue sich niemand mehr, sich für Menschenrechte zu engagieren. Im August 2012 untersagten die Behörden zum Beispiel der ältesten und größten Nichtregierungs-Organisation (NGO), dem Ethiopian Human Rights Council, Spenden zu sammeln. Gleichzeitig ist es den NGOs generell verboten, mehr als zehn Prozent ihres Budgets durch ausländische Zahlungen zu finanzieren. Das hat nach Angaben Çalışkans dramatische Folgen: Der Menschenrechtsrat musste 85 Prozent der Mitarbeiter entlassen und neun von zwölf Zweigstellen schließen. Wenn der Menschenrechtsrat nicht weiter arbeiten könne, dann gebe es in Äthiopien keine Organisation mehr, die für Menschenrechtsverletzungen zuständig sei.

Auch in Russland stehen die NGOs zunehmend unter staatlichem Druck. Seit 2012 müssen sie sich beim Justizministerium als „ausländische Agenten“ registrieren lassen, wenn sie Unterstützung aus anderen Ländern erhalten und politisch tätig sind. Im März dieses Jahres kontrollierte und durchsuchte die Polizei die Räume verschiedener internationaler NGOs. Davon waren auch deutsche Stiftungen betroffen.

Auch in Uganda durchsuchte die Polizei Büros von NGOs und beschlagnahmte deren Ausstattung. Ein zuständiger Minister drohte 38 Organisationen mit der Schließung, weil diese „Homosexualität förderten“. In Uganda gebe es regelrechte Hexenjagden auf Schwule und Lesben, sagte Çalışkan. In Ägypten plane die Regierung unter Präsident Mohammed Mursi ebenfalls strengere Auflagen für NGOs. Derzeit läuft ein Prozess gegen Beschäftigte von fünf international tätigen Organisationen.

Syrien: Mehrheit der Kriegsverbrechen auf Regierungsseite
Der jetzt erschienene Amnesty-Report dokumentiert zudem zahlreiche Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen. Dramatisch zugespitzt hat sich nach Einschätzung der Organisation die Lage in Syrien. Beide Bürgerkriegsparteien begingen dort schwere Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen. Laut Amnesty würden die meisten Gewalttaten allerdings von Kämpfern der Regierungsseite begangen.

Dass die UN-Generalversammlung vor kurzem ein internationales Abkommen zur Kontrolle des Waffenhandels angenommen hat, ist nach Ansicht von Amnesty ein „großer Schritt nach vorn“. Wenn der Vertrag umgesetzt wird, müssen Staaten künftig prüfen, ob ihre Rüstungslieferungen zu systematischer Folter, Massenerschießungen oder zum Einsatz von Kindersoldaten beitragen. In Deutschland hat das Abkommen am Mittwoch die erste Hürde genommen. Das Bundeskabinett billigte formal die Vereinbarung, die möglichst noch vor der Wahl im September von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden soll. Damit das Abkommen in Kraft treten kann, muss es von mindestens 50 UN-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Die Unterzeichnung ist vom 3. Juni an im UN-Hauptquartier in New York möglich.

Manuela Tomic

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