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Fukuda

© AFP

Japan: Kein Vorbild im Klimaschutz

Tokyo kündigt auf dem G-8-Gipfel vollmundig mehr Klimaschutz an. Gleichzeitig erreicht das Land nicht einmal die Ziele des Kyoto-Abkommens.

Bremsen und Gas geben gleichzeitig – so sieht die Klimaschutzpolitik der japanischen Gastgeber des diesjährigen G-8- Gipfels aus. Japans Premier Fukuda ist einerseits immer für ehrgeizige Ziele zu haben. Er hat für Japan versprochen, bis 2050 zwischen 60 und 80 Prozent des Treibhausgasausstoßes von heute einzusparen. Er wagte sich zudem mit der Schätzung an die Öffentlichkeit, dass Japan 14 Prozent Treibhausgase bis 2020 reduzieren kann. Und Japan zahlt einen Milliardenbetrag in einen US-Fonds ein, der Drittweltländer beim Klimaschutz unterstützen soll.

Klingt gut, doch jetzt auf dem Gipfel lässt Japans Engagement zu wünschen übrig. Maßstab für ein Weiterkommen in diesem Jahr ist die Vereinbarung von Heiligendamm. Unter der Regie von Kanzlerin Angela Merkel haben die G 8 im vergangenen Jahr erklärt, ernsthaft zu prüfen, bis 2050 mindestens die Hälfte der Treibhausgasemissionen einzusparen.

Rückwärtsgang: Heiligendamm war einmal

In diesem Jahr wäre eigentlich eine konkretere Verpflichtung fällig. "Es wird aber vermutlich keinen Fortschritt für die Ziele bis 2050 geben. Blumige Formulierungen wird es dagegen reichlich geben“, sagt Daniel Mittler von Greenpeace International. "Japan führt nicht, sondern versteckt sich hinter den USA“, so der Umweltschützer. Es fehle beispielsweise die Nennung eines konkreten Basisjahres für die Langfristziele. Die USA wiederum stehen auf dem Standpunkt, dass sich erst die neuen Umweltverschmutzer China und Indien zu Treibhausgasreduktionen verpflichten müssen, bevor sie selbst konkrete Ziele nennen. Ein EU-Diplomat ist dennoch optimistisch. "In den Gesprächen bisher sieht es so aus, als ob wir nicht hinter die Formulierung von Heiligendamm zurückfallen. Das würden die EU-Länder auch keinesfalls akzeptieren“, sagt der hochrangige Gesprächsteilnehmer.

Japan selbst gilt nicht als gutes Vorbild, weil es seine eigenen Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll zu verfehlen droht. Dieses ist 2005 in Kraft getreten und läuft bis 2012. Japan hat sich darin verpflichtet, seine Emissionen um sechs Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Vor einem Jahr lag Japan allerdings 6,2 Prozent über dem Stichwert.  Deutschland hat im selben Zeitraum ein Fünftel Einsparungen geschafft. Geholfen hat hier jedoch auch der Faktor Ost: Die Modernisierung von Industrie und Verkehr der DDR auf westdeutschen Standard hat mehrere Prozentpunkte zu dem guten Wert in Deutschland beigetragen. Japan könnte mehr tun, rafft sich derzeit aber nicht auf.

Wieczorek: Japan hat keinen Plan

Das japanische Umweltministerium hat Medienberichten zufolge ausgerechnet, dass Japan ab 2009 jährlich 3,4 Milliarden Euro ausgeben müsste, um das Kyoto-Ziel doch noch zu erreichen. Im Gespräch sind beispielsweise Anreize für sparsame Klimaanlagen. Ein Förderprogramm für Solardächer ist noch in Planung. Doch dem hoch verschuldeten Staat ist das alles viel zu teuer. "Japan besitzt derzeit keinen strategischen Plan auf dem Gebiet der Energie- und Klimaschutzpolitik, der alle Akteure gleichermaßen einbezieht“, sagt Iris Wieczorek vom Institute of Asian Studies in Hamburg. Die Vorgaben zur CO2-Reduktion seien auf Freiwilligkeit ausgelegt. Der Emissionshandel, den Premier Fukuda als Mittel zur Treibhausgasreduktion propagiert, ist nicht verpflichtend. Eine geplante Ökosteuer von umgerechnet einem Eurocent pro Liter hat das Industrieministerium blockiert.

Doch am Sparen zu sparen könnte teuer werden. "Bisher ist der Ankauf von Emissionsrechten aus dem Ausland vorgesehen, um doch noch gute Ergebnisse vorweisen zu können“, sagt Emissionsexpertin Mika Obayashi vom unabhängigen Institute for Sustainable Energy Policies. Das Klima würde aber von einem echten inhaltlichen Umschwenken mehr profitieren. So habe gerade Japan noch viel Potenzial, Windenergie und Geothermie zu nutzen. "20 Prozent alternative Energie sind bei uns wegen der geografischen Gegebenheiten kein Problem.“

Verzichtet Japan auf seine geheizten Klobrillen?

Die Stadt Tokio hat unterdessen ein Gesetz verabschiedet, dass große Klimasünder zum Sparen verpflichtet. Wer mehr als den Gegenwert von 1,5 Millionen Litern Öl jährlich verbraucht, muss entweder Emissionsrechte dazukaufen oder eine Strafe zahlen. Trotz der Anstrengungen bleiben viele Möglichkeiten ungenutzt.

Vertreter der deutschen Industrie weisen beispielsweise darauf hin, dass die meisten Gebäude nicht gedämmt sind. Statt das ganze Haus behaglich warm zu machen, heizen Japaner einzelne Bereiche, die nach dem Abstellen des Ofens sofort wieder kalt werden. Wenn Japan hier umschwenken würde, täte sich auch ein großer Markt für europäische Produkte auf. Ein anderes Beispiel sind die landesweit üblichen geheizten Klobrillen – bequem, aber überflüssig, finden Umweltexperten.

Finn Mayer-Kuckuk

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