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Politik: Jetzt ermittelt auch die deutsche Polizei im Fall Litwinenko

Behörden bestätigen Poloniumspuren in Hamburg und kritisieren mangelnde Hilfe aus Russland

Nach dem Fund radioaktiver Spuren in Norddeutschland haben auch deutsche Behörden Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Tod des russischen Ex-Agenten Alexander Litwinenko aufgenommen. Die Polizei teilte am Sonntag mit, bei der in zwei Wohnungen in Hamburg und Schleswig-Holstein gefundenen Substanz handle es sich „definitiv um Spuren von Polonium 210“. Nach Erkenntnissen der britischen Behörden war Litwinenko am 1. November mit diesem Stoff vergiftet worden. Vier Wochen später starb er.

Die deutschen Ermittlungen konzentrieren sich jetzt auf Litwinenkos Kontaktmann Dimitri Kowtun, der am 28. Oktober von Moskau nach Hamburg geflogen war. Die Ermittler gehen davon aus, dass Kowtun mit „hoher Wahrscheinlichkeit schon kontaminiert nach Hamburg kam“. Ob er das Polonium aus Russland mitgebracht habe oder nur beim Verpacken dabeigewesen sei, lasse sich jedoch nicht sagen. Am 1. November hatte sich Kowtun nach eigenen Angaben mit Litwinenko in London getroffen, um über Wirtschaftskontakte zu reden.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg wirft Kowtun nun unerlaubten Umgang mit radioaktiven Substanzen vor. Der Verdacht gegen ihn beziehe sich ausdrücklich nur auf die Poloniumspur in Hamburg, nicht aber auf die Ermordung Litwinenkos, sagte Oberstaatsanwalt Martin Köhnke. Ob Kowtun bei dem Giftmord Opfer oder Täter sei, sei noch unklar. Dies müssten „Ermittlungen außerhalb der Bundesrepublik“ klären.

Der Polizeipräsident von Hamburg, Werner Jantosch, sagte: „Im Moment spricht nichts dafür, dass der Fall Litwinenko seine Wurzeln in Hamburg hat.“ Der 41-jährige Kowtun soll sich nach russischen Medienberichten zurzeit in einem Moskauer Krankenhaus befinden und an den Folgen einer Polonium-Vergiftung leiden. Sein Gesundheitszustand soll ernst sein.

Köhnke beklagte, dass von russischer Seite nichts über den Zustand von Kowtun zu erfahren sei: „Da wir das nicht haben, fehlt uns eine wichtige Informationsquelle.“ Auch die Polizei bemängelte die Zusammenarbeit mit den russischen Behörden: „Wir haben auf unsere Anfragen keine Antworten bekommen“, sagte Einsatzleiter Thomas Menzel. Die russische Staatsanwaltschaft ermittelt bisher wegen eines Giftanschlags auf Kowtun und zählt ihn damit zu den Opfern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte die russischen Behörden zur Mitarbeit bei der Aufklärung des Falls auf. „Ich hoffe, dass das aufgeklärt wird“, sagte Merkel am Sonntagabend in der ARD. Dies sei auch für das Ansehen Russlands wichtig. Es sei beunruhigend, dass es immer wieder Fälle wie die Ermordung der regierungskritischen russischen Journalistin Anna Politkowskaja gebe, die nicht aufgeklärt seien. „Das ist kein gutes Zeichen, das muss sich ändern“, sagte die Kanzlerin. (mit AFP)

Antje Lückingsmeier[Hamburg]

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