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Auftritt Fischer. Der Ex-Außenminister kommt zur Podiumsdiskussion der Grünen unter dem Titel "Friedensmacht Europa - Herausforderung Ukraine".

© dpa

Joschka Fischer gegen Putin-Versteher: „Viele finden Putin toll, weil er es den Amerikanern zeigt“

Joschka Fischer macht Wahlkampf für die Grünen. Der frühere Außenminister beklagt die Haltung von Teilen der deutschen Linken in der Ukraine-Krise.

Die Diskussion läuft schon eine Weile, da muss Joschka Fischer doch mal eine Nettigkeit loswerden. Er finde es gut, „dass die Grünen in der Frage der Menschenrechte so stehen“, sagt Fischer. In der aktuellen Auseinandersetzung mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin rund um die Ukraine müssten die Europäer jetzt zeigen, für welche Normen sie stünden. „Da habt ihr Grüne eine wichtige Aufgabe“, ermahnt Fischer seine Parteifreunde.

Der Ex-Außenminister sitzt an diesem Montagabend in einem Hörsaal gegenüber der Grünen-Parteizentrale. Eine knappe Woche vor der Europawahl diskutiert er auf Einladung von Grünen-Parteichef Cem Özdemir mit der grünen Spitzenkandidatin Rebecca Harms und dem polnischen Publizisten Adam Krzeminski darüber, vor welche Herausforderungen der Konflikt um die Ukraine die Europäische Union stellt. Etwa 150 Zuhörer sind gekommen. Fischer ist in letzter Zeit nicht immer so gönnerhaft mit seiner Partei umgegangen.

Lange war man in der Grünen-Parteizentrale uneins gewesen, ob man die Vorgänge in der Ukraine auch zum Wahlkampfthema machen sollte. Özdemir hatte schließlich kurzfristig die Podiumsdiskussion angeleiert und Fischer dafür gewinnen können. Nachdem der frühere „heimliche Parteichef“ sich jahrelang öffentlich nicht mehr bei Grünen-Veranstaltungen hatte blicken lassen, ist seine Zeit der Abstinenz inzwischen vorbei. Syrien, Ukraine – wenn es um die außenpolitischen Konflikte in dieser Welt geht, betritt Fischer auch wieder für die Grünen die Bühne.

In der Bewertung des Konflikts ist Fischer sich an diesem Abend an vielen Stellen mit seiner Parteikollegin Rebecca Harms einig. Seit Ende der 80er Jahre ist Harms immer wieder in der Ukraine gewesen, zuletzt hat die Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament die Euro-Maidan Bewegung in Kiew unterstützt. Sie bedauert es fast ein wenig, dass sie in den letzten Wochen Wahlkampf machen musste und deswegen nicht in die Ukraine reisen konnte, sagt die Grünen-Politikerin.

Fischer kritisiert "antiwestliche Haltung" in Deutschland

Die Debatten, wie sie vor allem von Teilen der Linken in Deutschland über die Euro-Maidan-Bewegung geführt werden, kann Harms zum Teil nicht nachvollziehen. „Da hat sich ein Koordinatensystem verschoben“, sagt sie. Zur Euro-Maidan-Bewegung gehörten viele Studenten und junge Unternehmer, die sich gen Westen orientierten, berichtet Harms. Der rechte Sektor habe erst eine Rolle gespielt, als die Gewalt auf dem Platz immer härter geworden sei. Man müsse sich zwar gegen die Rechten zur Wehr setzen. Sie lehne es aber auch ab, Euro-Maidan zu einer nationalistischen und faschistischen Bewegung zu erklären. Eine Kritik, die auf Vorwürfe abzielt, wie sie aus Teilen der Linkspartei kommen.

Auch Fischer findet es „zutiefst schockierend“, welche „antiwestliche Haltung“ in Deutschland zum Teil zu spüren sei. „Viele finden den Putin auch so toll, weil er es den Amerikanern so richtig zeigt“, analysiert Fischer.

Gemeinsam mit dem polnischen Schriftsteller Krzeminski werben Fischer und Harms an diesem Abend für die Idee einer europäischen Energieunion, wie sie zuletzt Polens Premierminister Donald Tusk aufgebracht hatte. Nach Ansicht von Krzeminski könnte die Europäische Union damit sogar wieder an ihre Wurzeln anknüpfen. „Wir brauchen eine Montanunion für das 21. Jahrhundert“, fordert er. Fischer sieht darin sogar einen Beitrag zum Erhalt der Stabilität auf dem europäischen Kontinent. „Das wäre aktive Friedenspolitik.“

Die Europäer ermahnt Fischer, jetzt geschlossen zu agieren und keine Schwäche zu zeigen. Das sei wichtiger, als Sanktionen zu organisieren. Russland strebe im Moment in Europa eine Sonderrolle als Großmacht an. „Das wird Europa nicht akzeptieren können und dürfen“, fordert der Grünen-Politiker.

Ein paar Nachfragen gibt es am Ende des Abends aus dem Publikum, doch so richtig kontrovers will die Debatte nicht werden. Am Ende bedankt sich Cem Özdemir artig bei seinem Gast. „Joschka Fischer hat uns gelobt“, sagt der Grünen-Vorsitzende. „Darüber bin ich froh und dankbar.“

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