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Fischer

© dpa

Joschka Fischer: Jetzt tun die Grünen nicht mehr weh

Joschka Fischer entdeckt rund um seinen 60. Geburtstag, dass er doch an seiner Partei hängt.

Von Hans Monath

Berlin - An seinem Image als harter Hund, der die Machtpolitik beherrscht, hat Joschka Fischer während seiner aktiven Zeit als Politiker kräftig gearbeitet. Wenn der Ex-Außenminister denn einen sentimentalen Kern hatte, so verbarg er ihn gut hinter Kampfeslust, Schnoddrigkeit und rhetorischer Brillanz. Und seit seinem Abschied von der Macht 2005 und dem Verzicht auf sein Bundestagsmandat ein Jahr später baute Fischer viel Distanz zu den Grünen auf, als deren „heimlicher Parteichef“ er lange galt. Doch beim Empfang seiner alten Bundestagsfraktion zu seinem 60. Geburtstag zeigte sich der Politik-Pensionär am Dienstagabend ungewohnt gefühlig und bekannte, dass sein Herz doch heftig für die Grünen schlägt: „Heute festzustellen, wie sehr ich an meiner Partei hänge, hätte ich nie für möglich gehalten.“

Noch im vergangenen Jahr hatte das ganz anders geklungen. „Wirklich warm“ sei er in all den Jahren mit den Grünen nie geworden, urteilte Fischer damals ziemlich schroff im ersten Band seiner Memoiren („Die rot-grünen Jahre“). Persönlich wohl oder gar zu Hause gefühlt habe er sich nie in seiner Partei, emotional sei diese ihm „immer fremd geblieben bis auf den heutigen Tag“.

In Sichtweite des Kanzleramtes erinnerte sich Fischer vom Rednerpult aus daran, wie schwer er sich oft mit der Basis tat und dass er sich nach manchem enervierendem Parteitag schwor, nun damit aufzuhören – etwa, nachdem im Streit um den Kosovokrieg auf dem Bielefelder Parteitag 1999 ein Farbbeutel sein Trommelfell verletzte. Auch seelisch wehgetan habe das und es sei nur schwer zu verarbeiten gewesen. Doch das sei nun Vergangenheit: „Heute ist der Schmerz weg.“

Fischers Herz geöffnet hatte als einer der Geburtstagsredner auch sein alter Freund Daniel Cohn-Bendit, der an die gemeinsame Zeit in der Frankfurter Spontiszene und den langen Weg des späteren Ministers in den Parlamentarismus und die hohe Politik erinnerte. „Mit einer solidarischen Zärtlichkeit“ habe ihn Fischer nach der Trennung von einer Freundin einmal getröstet. Sichtlich bewegt bedankte sich der so Gelobte und erinnerte daran, dass der Abschied von der Gewalt nicht selbstverständlich war: „Du hast verhindert, dass wir in Frankfurt in die tödliche Ecke der RAF abgedriftet sind.“

In der ersten Reihe der Geladenen saß neben Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) auch FDP-Chef Guido Westerwelle, den Fischer ungeachtet jahrelanger Fehde höflich begrüßte („Verehrter Herr Westerwelle“). Alle möglichen Dreierkoalitionen mit Grünen-Beteiligung, so fiel einigen Gästen auf, waren damit vertreten.

Das dürfte auch im Sinne des Gefeierten sein. Der ermunterte die Grünen, im Fünfparteiensystem „neue Optionen“ zu probieren. „Das nächste Jahr wird große Chancen bringen, aber auch große Risiken“, beschwor Fischer seine Parteifreunde wie in alten Zeiten. Wenn es gelänge, die Partei zusammenzuhalten und wieder an die Regierung zu kommen, sei dies für ihn „das größte Geburtstagsgeschenk“. Der Ex-Minister selbst will dazu nicht mehr beitragen. „Ich misch’ mich nicht ein“, versprach er: „Das ist vorbei.“

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