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Tilman Kuban, 32, ist seit März Bundesvorsitzender der Jungen Union.

© dpa/Kästle

JU-Chef Tilman Kuban im Interview: „Wir dürfen uns nicht erpressen lassen“

Der Chef der Jungen Union fordert Klarheit über die Kanzlerkandidatur in der Union und erklärt, warum die CDU ein Ende der schwarzen Null nicht mitmachen darf.

Tilman Kuban ist Vorsitzender der Jungen Union, der Parteijugend von CDU und CSU. Er gilt als einer der härtesten Kritiker von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Herr Kuban, wie frostig ist die Stimmung zwischen Ihnen und Frau Kramp-Karrenbauer?
Persönlich gibt es da keine Probleme. Man muss nicht immer einer Meinung sein und kann trotzdem vernünftig miteinander umgehen.

Im CDU-Vorstand stellten Sie kürzlich die Führungsfrage. Sie sollen an der Eignung von Kramp-Karrenbauer als Kanzlerkandidatin gezweifelt haben. Ist die Parteivorsitzende beim CDU-Nachwuchs unten durch?
Ich habe Annegret Kramp-Karrenbauer nie als Parteivorsitzende in Frage gestellt. Sie ist gewählt und wir unterstützen sie in dem Prozess, die CDU nach 14 Jahren Kanzlerschaft unter Angela Merkel zu erneuern. Gleichzeitig verunsichert es die Wähler, wenn wir ihnen nicht sagen, mit wem wir in den nächsten Wahlkampf ziehen. Politik ist mit Köpfen verbunden – und da müssen wir Klarheit schaffen.

Traditionell hätte Annegret Kramp-Karrenbauer den ersten Zugriff auf die Kanzlerkandidatur. Die Junge Union bringt auf dem Parteitag am Wochenende einen Antrag ein, den Kandidaten per Urwahl zu bestimmen – gegen den erklärten Willen der CDU-Chefin.
Die CDU muss für moderne Parteiarbeit stehen. Unsere Mitglieder sind viel selbstbewusster als noch vor 14 Jahren, als Angela Merkel das erste Mal zur Kanzlerkandidatin gekürt wurde. Wir haben vergangenes Jahr acht Regionalkonferenzen durchgeführt, auf denen sich die Kandidaten für den CDU-Vorsitz vorstellten. Das kam gut an. Trotzdem hätten sich schon damals viele Mitglieder gewünscht auch ihren Zettel in eine Urne zu werfen – sie durften aber nicht mitbestimmen. Wenn wir als Union attraktiv bleiben wollen, müssen wir moderner werden und den Leuten die Möglichkeit zum Mitmachen geben. Das Verfahren für die Wahl des Kanzlerkandidaten jetzt festzulegen, ist außerdem wichtig, um handlungsfähig zu bleiben. Falls die SPD aus der Groko aussteigt, müssen wir vorbereitet sein.

Sie persönlich sind ein Fan von Gesundheitsminister Jens Spahn, in der Jungen Union gibt es aber auch etliche, die Friedrich Merz gern an der Spitze der Union sähen. Sehnen sich da einige nach einer guten alten Zeit, die sie selbst nicht erlebt haben?
In der Jungen Union gibt es etliche, die sich danach sehnen, dass wir wieder ein klareres Profil zeigen. Man muss nicht mit allem einverstanden sein, was Friedrich Merz sagt, aber er hat klare Positionen. Er steht für etwas – genauso wie Jens Spahn. Viele in der JU wünschen sich so jemanden, weil wir in den letzten Jahren als Union zu stark anderen hinterhergelaufen sind und zu wenig unseren eigenen Markenkern geschärft haben.

Die Chancen, dass Sie mit Ihrem Urwahl-Antrag durchkommen, werden als gering eingeschätzt. Welche Rolle spielt die Junge Union innerhalb der Partei?
Was uns eint, ist der Wunsch, die Union moderner und innovativer zu machen. Das betrifft die Frage, wie wir künftig Parteimitglieder einbinden, wie wir uns bei unserer digitalen politischen Kommunikation im Netz besser aufstellen und wie wir eine zukunftsgerichtete Themensetzung mit einer Innovationsagenda hinbekommen. Bei der Netzpolitik etwa hat die Union in den letzten Jahren viel versäumt und bei der Urheberrechtsreform zu wenig auf die JU gehört. Da wünsche ich mir, dass wir als Junge Union Innovationsmotor sind und bleiben.

Sie bringen auf dem Parteitag auch einen Antrag für ein klares Bekenntnis zur schwarzen Null ein. Die Kandidatin für den SPD-Vorsitz Saskia Esken hat dagegen als Bedingung für die Fortsetzung der Groko das Ende der schwarzen Null gefordert. Könnte sich an dieser Frage die Groko entscheiden?
Ein Ende der schwarzen Null würde mehr Schulden bedeuten und wäre ungerecht gegenüber der jungen Generation. Es braucht nicht mehr Geld, es muss richtig verteilt werden. Wir sehen das heute schon: Man spart bei Bildung und Forschung im Haushalt, investiert weniger in das Zukunftsfeld Künstliche Intelligenz als geplant, aber für eine Grundrente sind anderthalb Milliarden da. Bei der Wahl 2021 werden 60 Prozent der Wähler über 50 sein. Wenn man nur noch für die Politik macht, wird es schwer, Innovationsweltmeister zu bleiben. Ich wünsche mir eine Deckelung der Sozialausgaben und deutlichere Investitionen in die Zukunft.

So, wie die jetzige Generation der nächsten Generation eine möglichst saubere Umwelt übergeben muss, ist es auch mit der Verschuldung. Die kommende Generation muss einen solide finanzierten Staat übernehmen, der auch für die Zukunft einen Spielraum lässt.

schreibt NutzerIn Hendrik1970

Wenn die SPD auf dem Ende der schwarzen Null bestehen würde – wäre das das Ende der großen Koalition?
Die CDU hat den Anspruch, in Deutschland zu regieren. Aber wir dürfen uns auch nicht erpressen lassen. Wir haben alleine in diesem Jahr 19 Milliarden Euro nicht abgerufene Investitionsmittel. Die Mittel stehen also zur Verfügung, wir müssen sie nur nutzen. Die Aufgabe der schwarzen Null wäre ungerecht gegenüber kommenden Generationen, das ist für uns eine rote Linie.

Unionsfraktionsvize Linnemann hat sich dafür ausgesprochen, für die zweite Hälfte der Legislatur eine Art Update des Koalitionsvertrages auszuhandeln. Was müsste aus Ihrer Sicht drinstehen?
Ich halte es grundsätzlich für sinnvoll, neue Akzente für die zweite Halbzeit der Groko zu liefern. Wenn man so ein Update macht, muss man über das Steuer- und Rentensystem der Zukunft sprechen, auch bei der Digitalisierung der Verwaltung muss Tempo rein und wir müssen eine Innovationsagenda liefern. Wie lässt sich etwa die Verbreitung des Wasserstoffantriebs in Deutschland fördern? Kann man in Deutschland und Europa ein Hyperloop-System einführen, einen Hochgeschwindigkeits-Zug, bei dem man sich nahezu in Schallgeschwindigkeit fortbewegen würde? Da sollte ,Made in Germany’ Vorreiter sein.

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