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Kuba

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Jubiläum im Zeichen des Mangels: 50 Jahre Kuba-Revolution: Mehr Sorgen als Salsa

So richtige Feierstimmung will auf Kuba zum 50. Jahrestag der sozialistischen Revolution nicht aufkommen. Statt den runden Geburtstag am Donnerstag mit sinnlichen Salsa-Tänzen zu feiern, werden viele der 11,5 Millionen Bürger der Zuckerinsel eher von Zukunftssorgen geplagt.

50 Jahre Planwirtschaft, das fast ebenso lange US-Embargo, der Zusammenbruch der Sowjetunion, verheerende Hurrikane und die weltweite Wirtschaftskrise - je nach politischem Standpunkt gibt es viele Gründe, warum Kuba immer noch eine Mangelwirtschaft mit nur eingeschränkten Bürgerrechten ist. Die Folgen aber sind für Freund und Feind der Dauer-Revolutionäre unter Führung des kranken Fidel Castro ziemlich gleich: Leere Taschen trüben die Stimmung.

In Havanna wartet Lázaro am letzten Tag des Jahres mit seiner Fahrrad-Rikscha vor der "antiimperialistischen Tribüne" auf Kundschaft. Dort, wo Fidel bis zu seiner Erkrankung im Juli 2006 seine Marathonreden vor den Massen hielt, treten heute nur noch Musikgruppen mit einem "Gruss an die Revolution" auf. "Das Geschäft ist ein wenig flau", räumt Lázaro ein. "Eigentlich sollte ich ja zu Hause bei meiner Familie sein, aber ich arbeite, um vielleicht ein wenig Fleisch kaufen zu können», sagt er mit einem traurigen Lächeln. Aber Kunden sind weit und breit nicht zu sehen, und aus dem Festessen wird wohl nichts werden. Präsident Raúl Castro, der die Regierungsgeschäfte seit bald zweieinhalb Jahren führt, hatte das Volk schon vor Weihnachten darauf eingestimmt, sich den Gürtel enger zu schnallen.

"Dem Land ist nicht nach großen Feiern zumute"

"Das Problem ist, dass man hier mit dem Geld, das uns die Regierung zahlt, einfach nicht über die Runden kommt", klagt Lázaro. "Castro eins und Castro zwei (Fidel und Raúl), das ist doch ein- und dasselbe", meint er. Auch für Michel und Alberto, zwei Kellner in einer Bar im Zentrum, ist eine größere Silvester- und Revolutionsfeier ein unerreichbarer Luxus. "Der 50. Jahrestag ist der Triumph der Revolution, aber in diesem Land wird nicht gefeiert, weil dafür einfach das Geld fehlt", klagen sie.

Ein paar Ecken weiter sitzt ein pensionierter Historiker vor dem "Kapitol", einer Replik des "imperialistischen" Originals in Washington. Der 76-Jährige versucht, den Touristen Drei-Peso-Münzen (0,12 Dollar) mit dem Konterfei von Fidels Kampfgefährten Ernesto Che Guevara für einen Dollar zu verkaufen. Damit will er seine schmale Rente von umgerechnet zehn Dollar monatlich aufbessern, von der er, seine Frau und zwei Enkel über die Runden kommen sollen. "Dem Land ist nicht nach großen Feiern zumute, es geht nicht gut", sagt er. "Ja, Reis und Bohnen gibt es immer, aber nicht ein Fitzelchen Fleisch", jammert der alte Mann.

Analphabetenrate niedriger als in den USA

Auf einer nahen Parkbank sitzt der spanische Tourist Procopio Pérez und sieht das alles ganz anders. Er ist schon zum zweiten Mal hier, weil ihn die Insel "fasziniert". "Ich streite nicht ab, dass es Mängel gibt, aber die Grundbedürfnisse sind erfüllt", gibt er zu bedenken. Auch das kostenlose Bildungssystem und die kostenlose Gesundheitsversorgung suchen ihresgleichen in Lateinamerika. Die Analphabetenrate liegt heute in Kuba niedriger als in den USA. Viele der Millionen in Armut lebenden Lateinamerikaner können von solchen Verhältnissen nur träumen. Und für einen Slumbewohner in Rio de Janeiro oder Buenos Aires sind Bürgerrechte und Reisefreiheit ebenso unerreichbar wie für die meisten Kubaner.

Nach einem halben Jahrhundert Revolution ist die Zukunft des Sozialismus kubanischer Prägung ungewiss. "Der Sozialismus hat sich nicht als Fehlschlag erwiesen", meinte Raúl Castro in einem am Jahrestag der Revolution ausgestrahlten Fernsehinterview. Es gebe zwar "Probleme", aber er sei grundsätzlich "optimistisch". Es sei eine "vitale Frage", die Produktion anzukurbeln, die Exporte zu erhöhen und die nationale Nahrungsmittelproduktion auszuweiten. Fraglich bleibt, ob all das ohne tiefgreifende Reformen möglich sein wird. Und ob ein Sozialismus à la Kuba solche Reformen überleben würde.

Jan-Uwe Ronneburger, Silvia Ayuso[dpa]

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