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Ruettgers

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Jürgen Rüttgers: Der Wiederholungstäter

Im Düsseldorfer Landtag steckt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rüttgers Prügel für die Rumänen-Schelte ein – es war nicht sein erster derartiger Ausfall.

Jürgen Rüttgers gibt sich alle Mühe im Düsseldorfer Landtag, unaufgeregt zu wirken. Eher beiläufig blättert er in der Haushaltsdebatte am Mittwoch in den vor ihm liegenden Akten, hin und wieder macht er sich Notizen. Auf diese Weise versucht er dem Landtag zu demonstrieren, dass ihn die lauten Töne nicht erreichen, die seine politischen Gegner im Streit um seine Äußerungen zu Rumänen anschlagen. Wer genau hinschaut, bemerkt allerdings, dass sich der Körper des Ministerpräsidenten ein anderes Ventil schafft: Mit den Fußspitzen wippt er unentwegt, weil die Energie abfließen muss, die sich in ihm angestaut hat. Seit bald einer halben Stunde überhört er jetzt schon die Attacken der Oppositionsführerin, die ihn erneut wegen seiner Sätze über die angeblich schlechte Arbeitsmoral der Rumänen tadelt.

An der Bewegung seiner Fußspitzen kann man ablesen, was der Ministerpräsident des größten Bundeslandes jeweils wirklich empfindet. Als Oppositionsführerin Hannelore Kraft in der Haushaltsdebatte ein völlig anderes Bild von Nordrhein-Westfalen zeichnet, als er es später versuchen wird, und ihm viele Versäumnisse vor allem auf sozialpolitischem Gebiet vorwirft, wippt er eher gemächlich mit einem Fuß. Als sie allerdings den Tonfall von laut und schrill auf leise wechselt und ihn mit seinem Vorbild Johannes Rau traktiert, kann er seine Beine kaum noch im Zaum halten. „Stellen Sie sich bitte nie mehr in eine Reihe mit Johannes Rau“, hatte sie ihm da zugerufen, „der stand für Versöhnen statt Spalten, sie stehen für Verhöhnen und Spalten.“

An dieser Stelle applaudieren die Fraktionen von SPD und Grünen so heftig, wie es selten im Landtag passiert, die meisten Christ- und Freidemokraten senken betreten ihre Blicke. Wenig später wird die Fraktionschefin der Grünen, Sylvia Löhrmann, die von Rüttgers in der Vergangenheit immer wieder umworben wurde, in die gleiche Kerbe schlagen. „Die Johannes-Rau-Festspiele sind abgesagt“, wird sie ihre Rede beginnen, mit der sie auf die zahlreichen Versuche von Rüttgers anspielt, sich auffällig oft in die Tradition des langjährigen sozialdemokratischen Regierungschefs zu stellen. Löhrmann wirft Rüttgers vor, die Ausfälle gegen Rumänen und andere gezielt zu setzen: „Sie haben ganz bewusst die Klaviatur der fremdenfeindlichen Ressentiments gespielt, aus reinem Machtkalkül“. Selbst der freidemokratische Fraktionschef Gerhard Papke wird hinterher über die Angelegenheit sagen: „Er hat einen Fehler gemacht“. Bei einem Wahlkampfauftritt in Duisburg hatte Rüttgers mit Blick auf die Verlegung des Bochumer Nokia-Handywerks gesagt, die Beschäftigten in Rumänien kämen zur Arbeit „wann sie wollen, und sie wissen nicht was sie tun“.

Während die Rüttgers-Sätze im Landtag für Streit sorgen und sich selbst der rumänische Präsident in die Debatte einschaltet, wird in Düsseldorf bekannt, dass sich Rüttgers nicht zum ersten Mal an Rumänen abarbeitet. Schon im Wahlkampf des Jahres 2005 hatte er in einer Veranstaltung im Kreis Borken muslimische Migranten attackiert und anschließend der Bundesregierung vorgeworfen, „unser Land fahrlässig mit rumänischen und bulgarischen Arbeitskräften zu überschwemmen“. Für Sylvia Löhrmann steht damit fest: „Das alles taucht also regelmäßig in Rüttgers Wahlkämpfen auf.“ Der Landtag wundert sich ohnehin über den Umgangston in der Staatskanzlei. In einer internen Runde hat der Regierungssprecher offenbar darüber gesprochen, „die Luftwaffe des Gegners schon am Boden zu zerstören“. Die Grünen wollen jetzt in einer Anfrage an die Regierung wissen, was der Mann damit gemeint hat. Ob die Frage beantwortet wird, ist unklar. Jürgen Rüttgers hat in einem eigenen Debattenbeitrag nur gesagt: „Ich habe nicht vor, über Nokia zu reden.“

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