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© dpa

Jürgen Trittin: "Das wird der Regierung weh tun"

Jürgen Trittin über das Nein zum Antiterrorkampf, den Streit der Grünen um die „Tornados“ und seine eigene Rolle in der Partei.

Herr Trittin, hängt vom Ausgang des Afghanistan-Parteitags am Samstag ab, ob die Grünen regierungsfähig bleiben?

Jasagerei zu Auslandseinsätzen ist kein Ausdruck von Regierungsfähigkeit. Die zeigt sich darin, dass man jeweils konkret fragt, ob ein Militäreinsatz notwendig ist. Die Grünen haben in der Opposition zwei Mal der Verlängerung der Internationalen Schutztruppe in Afghanistan (Isaf) zugestimmt. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass die Bundeswehr sich an der Absicherung von Wahlen im Kongo beteiligt. Wir haben zwei Mal dafür gestimmt, dass die Absicherung des Waffenstillstands im Libanon politisch und militärisch begleitet wird. FDP und Linksfraktion haben das alles abgelehnt. Wer ist hier nicht regierungsfähig?.

Sie haben im März im Bundestag gegen die Tornados gestimmt. Bleiben Sie dabei?

Wir warten auf den Regierungsbericht dazu, was diese Tornados genau tun und wer ihre Informationen bekommt. Ich bezweifle, dass es für den Erfolg von Isaf nötig ist, 70 Millionen Euro für die Tornados auszugeben. Wir verlangen eine Verdoppelung der Hilfe auf 200 Millionen Euro, die Regierung will nur auf 125 Millionen aufstocken. Die Differenz ist die Summe, die die „Tornados“ kosten.

Manche Grünen glauben, Jürgen Trittin mache seine Haltung von der Mehrheit auf dem Parteitag abhängig. Sind Sie ein Politiker mit Überzeugungen?

Allerdings. Ich habe mit Überzeugung dafür gekämpft, dass wir uns nicht aus Afghanistan verabschiedenund Isaf mittragen. Dafür habe ich auf dem letzten Parteitag nach heftigen Debatten eine Mehrheit bekommen. Ich habe gegen teilweise sehr kontroverse Diskussionen in der Fraktion durchgesetzt, dass wir uns dagegen von der Antiterror-Operation „Enduring Freedom“ in Afghanistan verabschieden. Das sind die strategischen Orientierungen, für die ich stehe – und die weit über die Grünen hinaus geteilt werden.

Der Parteitag stimmt über die „Tornados“ ab, bevor der Regierungsbericht vorliegt. Werden Sie sich bis dahin entscheiden?

Die Bundesregierung hat keine Evaluierung vorgelegt. Sie hat noch nicht mal begründet, warum die Tornados nicht wie geplant zum Jahresende zurückgeschickt werden, sondern bis September 2008 bleiben sollen. So lange mich die Bundesregierung nicht eines Besseren belehrt, bleibe ich beim Nein.

Der Parteitag soll den Abgeordneten freistellen, ob sie bei der Isaf- und TornadoEntscheidung mit Ja, Nein oder Enthaltung stimmen. Wo ist da die klare Botschaft?

Die klare Botschaft lautet: Der Parteitag macht deutlich, dass wir in Afghanistan dringend einen Strategiewechsel brauchen. Die Delegierten werden sich sehr deutlich für die Verlängerung des Isaf-Einsatzes aussprechen und für die Beendigung des Antiterrorkampfes „Operation Enduring Freedom“ Auch zu den „Tornados“ wird sich der Parteitag klar entscheiden.Der Realismus gebietet festzustellen, dass die Fraktion bei der zusammengelgten Abstimmung über Isaf und die Tornados im Bundestag nicht einmütig sein wird.Bei der Ablehnung von OEF wird sie das mit großer Mehrheit sein - und das wird der Regierung weh tun. Der Wiederaufbau in Afghanistan wird von den OEF-Kommandoaktionen gefährdet. Ihre zivilen Opfer untergraben die Akzeptanz für die internationale Präsenz.

Ging es in der Auseinandersetzung vor dem Parteitag auch darum, wer zwei Jahre nach Joschka Fischers Abgang die stärkste Figur der Partei ist?

Nein, es ging einfach um eine schwierige Situation. Der Bundesvorstand musste einen Leitantrag formulieren, war aber selbst in der „Tornado“-Frage gespalten. Deshalb mussten wir einen Kompromiss finden. Das ist gelungen.

Zeigt Ihr Verhalten in dem Konflikt, dass Sie künftig eine größere Rolle bei den Grünen spielen wollen?

Unsere strategische Gemeinsamkeit heißt: weder Abschied aus der Verantwortung noch kritikloses Hinterher-Rennen. Ich habe mich darum bemüht, dass diese Botschaft möglichst deutlich wird.

Das Interview führte Hans Monath

Jürgen Trittin (53) ist als Vizefraktionschef der Grünen im Bundestag für Außenpolitik zuständig.  Der ehemalige Umweltminister gilt als Führungsfigur der Parteilinken.

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