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Mann vor Kirche

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Jugendarbeitslosigkeit in Europa: Griechenland fordert mehr EU-Gelder

Für "verschwindend gering" hält Griechenlands Botschafter in Deutschland, Panayotis Zografos, jene Summe, welche die EU im kommenden Haushalt zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ausgeben will. Es geht um sechs Milliarden Euro.

Herr Botschafter, welche Folgen hat die Euro-Krise für das deutsch-griechische Verhältnis?

Auf beiden Seiten hat die Krise gewisse Schäden verursacht. Man muss konsequent daran arbeiten, Stereotypen zu überwinden, was mittlerweile von beiden Seiten getan wird. Auch die Einstellung der Medien hat sich beiderseits deutlich verbessert. Aber inzwischen hat sich etwas Entscheidendes getan: Seit einem Jahr haben wir eine Regierung in Athen, die glaubwürdig auftritt und nichts versprechen möchte, was nicht eingehalten werden kann.

Mann im Frack
Panayotis Zografos ist Griechenlands Botschafter in Deutschland - Ende Mai überreichte er Bundespräsident Joachim Gauck sein Beglaubigungsschreiben.

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Die Troika setzt gerade ihre Kontrollen in Athen fort. Welche Fortschritte gibt es beim Aufbau eines effektiven Steuersystems in Griechenland?

Bei den Steuerbehörden hat es eine Konsolidierung gegeben. Inzwischen gibt es beispielsweise ein Pensionsregister, mit dessen Hilfe der Staat jetzt weiß, wer welche Pensionszahlungen erhält. Dank dieses Registers, das mit den Steuerbehörden online verbunden ist, lässt sich Steuerhinterziehung leichter eindämmen.

Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker hat gesagt, dass die Wirtschaftsprognosen der EU-Kommission für Griechenland keinen Bezug zur Realität hätten. Hat Juncker recht?

Im griechischen Haushalt gibt es keine Abweichungen mehr von den gesteckten Zielen, obwohl die öffentlichen Einnahmen durch indirekte Steuern niedrig sind. Man kann feststellen, dass die Einnahmen aus der Vermögensteuer wachsen. Wir erwarten bis Ende des Jahres im laufenden Budget einen Primärüberschuss – also einen positiven Saldo nach Abzug des Schuldendienstes.

Das ändert aber nichts daran, dass sich Griechenland derzeit im sechsten Jahr der Rezession befindet. Wie soll es zu einer Trendwende kommen?

Eine treibende Kraft bei der Trendwende wird sicherlich die Rekapitalisierung der Banken sein. Sie führt dazu, dass Geld in den Markt fließen wird und dass sich die Kaufkraft verbessert. Es ist zu erwarten, dass wir im nächsten Jahr in der Lage sein werden, uns wieder Geld an den internationalen Anleihemärkten zu beschaffen. Zudem gibt es seit einiger Zeit positive Zeichen – es werden mehr Leute eingestellt, als entlassen werden. Diese positiven Signale gibt es auch im Energiebereich oder im Tourismus – in diesem Jahr rechnen wir mit mehr als 17 Millionen Besuchern in Griechenland. Eines freut uns dabei besonders: Während es in den letzten Jahren einen Rückgang der Besucher aus Deutschland gab, geht es wieder aufwärts.

Sparprogramm hinterlässt tiefe Spuren

Andererseits lassen sich die negativen Folgen der Austeritätspolitik in Griechenland indes mit Händen greifen.

Leider ist die Wirkung des Sparprogramms in der Tat immer noch deutlich zu spüren: Die Arbeitslosenrate liegt bei 27 Prozent, unter den jungen Menschen sind über 60 Prozent ohne Arbeit. Also braucht es eine richtige Mischung zwischen einer soliden Fiskalpolitik und einer wachstumsorientierten Politik.

Auf europäischer Ebene wird im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit überlegt, die dafür im neuen EU-Haushalt vorgesehene Summe von sechs Milliarden Euro schneller auszugeben. Reicht das?

Wenn man den gesamten EU-Haushalt zum Maßstab nimmt, dann sind sechs Milliarden Euro eine verschwindend geringe Summe. Es muss mehr getan werden. Zu Recht warnt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble davor, dass in Südeuropa eine „verlorene Generation“ heranwächst, die keine Arbeit mehr findet. Das ist ein ernstes Problem. Der gesellschaftliche Zusammenhalt droht verloren zu gehen. Wenn es kein Wachstum und keine Arbeit gibt, dann erhalten Extremisten Zulauf.

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