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Roland Koch

© dpa

Jugendstrafrecht: Alle prügeln auf Koch ein

Hessens Ministerpräsident Roland Koch gibt gerne mal den harten Knochen. Der Gewaltexzess zweier Jugendlicher in München gegen einen Rentner ist ein willkommener Anlass. Doch Kochs Ausweisungs-Forderungen kommen nicht überall gut an.

Führende Politiker von SPD, Grünen und FDP haben die Äußerungen des hessischen Ministerpräsidenten Koch (CDU) zu dem Überfall zweier ausländischer Jugendlicher auf einen Rentner in München scharf zurückgewiesen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) nannte es "unseriös", bei den Menschen den Eindruck zu erwecken, Jugendstrafrecht sei nichts anderes als "Kuschelpädagogik". Auch die Grünen-Parteichefs Claudia Roth und Reinhard Bütikofer sowie Politiker der FDP wiesen die Äußerungen Kochs zurück. Rückendeckung erhielt der hessische Regierungschef dagegen von der Unions-Nachwuchsorganisation Junge Union.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) sprach sich gegen eine rasche Ausweisung der beiden Inhaftierten aus. "So leicht sollten die Täter nicht davon kommen", sagte die Ministerin dem Magazin "Focus". Erst sollten die zwei Männer mit griechischer beziehungsweise türkischer Staatsangehörigkeit ihre zu erwartenden mehrjährigen Haftstrafen absitzen. Laut dem Bericht will die Münchner Staatsanwaltschaft eine psychiatrische Untersuchung der beiden Täter beantragen, um so ihre Schuldfähigkeit zu ermitteln.

Roland Koch hatte in der "Bild"-Zeitung mit Blick auf den Münchner Überfall die nach seiner Ansicht verfehlte Integrationspolitik als mitverantwortlich für Gewaltausbrüche jugendlicher Ausländer gemacht und gefordert, mit "bestimmten Lebenslügen" müsse Schluss gemacht werden. "Wir haben zu viele junge kriminelle Ausländer." Der Staat müsse nun "klare Signale" setzen.

"Alte Kiste der Ausländerfeindlichkeit"

Zypries betonte, während das Erwachsenenstrafrecht nur Geld- und Haftstrafen kenne, verfüge das Jugendstrafrecht über einen "viel differenzierteren Sanktionenkatalog, mit dem man gezielt auf den jugendlichen Täter einwirken kann". Es sei Irreführung der Bürger, zu behaupten, man müsse Jugendliche schneller in Haft nehmen, dann schrecke das vor weiteren Straftaten ab. Der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner (SPD) sagte, Koch falle "in den unsäglichen Anti-Ausländer-Wahlkampf seiner ersten Wahl zurück". SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler sagte: "In seiner Not greift Roland Koch wieder gnadenlos in die alte Kiste der Ausländerfeindlichkeit".

Grünen-Chefin Claudia Roth sagte, Koch habe offensichtlich keine Ideen und Konzepte für Hessens Zukunft. "Das einzige, was ihm noch einfällt, ist billige und abgeschmackte Stimmungsmache." Grünen-Co-Chef Reinhard Bütikofer kritisierte: "Roland Koch versucht, sein landespolitisches Scheitern durch Ausschlachtung dieses schlimmen Vorfalls zu überspielen."

"Purer Populismus"

Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn sagte, es gebe bei Koch "eine erkennbare Lust, sich derartige Themen zu suchen". "Aber Roland Koch ist seit fast neun Jahren Ministerpräsident, mit seiner Mahnung kritisiert er auch seine eigene Integrationspolitik." FDP-Präsidiumsmitglied Birgit Homburger betonte: "Gewalt wird nicht akzeptiert. Aber mit der Forderung nach härteren Strafen kommen wir nicht weiter, wir müssen den Jugendlichen helfen."

Der Vorsitzende des Bundesausländerrates, Mehmet Kilic, sah "puren Populismus" in Kochs Äußerungen. "Koch ist es, der Lebenslügen aufsitzt, denn immerhin sind es oft Kinder aus Migrantenfamilien, die in Deutschland geboren werden und dann kriminelle Karrieren starten." Kriminalität sei kein ethnisches Problem. Mangelnde Bildung und Arbeitslosigkeit führten zu Kriminalität bei Deutschen und Ausländern.

Dagegen befürwortete die Junge Union schärfere Strafen. Es müsse bei Über-18-Jährigen "mit der vollen Härte der Erwachsenen-Gesetze" durchgegriffen werden können, sagte JU-Chef Philipp Mißfelder. "Wer wählen und den Führerschein machen darf, muss auch für seine Taten voll verantwortlich gemacht werden können." (mhz/ddp)

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