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Politik: Jungpolitiker fordern: Nehmt uns ernster

Nachwuchs aus allen Parteien mahnt Debatte über Generationengerechtigkeit an / Mißfelder entschuldigt sich für Formulierungen

Von Antje Sirleschtov

Berlin. Junge Politiker aller Parteien fordern jetzt von der Bundesregierung, sich stärker mit dem Thema Generationengerechtigkeit auseinander zu setzen. Die Interessen junger Menschen und Familien „müssen Regierungsschwerpunkt werden“, sagte der Staatssekretär im Verbraucherministerium, Matthias Berninger (Grüne), dem Tagesspiegel. „Sonst drohen uns in ein paar Jahren Verhältnisse, wie sie Philipp Mißfelder beschrieben hat.“ Der Chef der Jungen Union hatte eine Rationierung medizinischer Leistungen für Senioren gefordert. Solche Äußerungen seien „ein gefährlicher Beleg für die beginnende Entsolidarisierung der Gesellschaft“, sagte Berninger (32). Die Regierung müsse „das Ausmaß der Probleme junger Familien erkennen und entschlossener handeln“.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hubertus Heil (30) warnte vor einem „Krieg der Generationen“ und forderte, Bildung und Familienpolitik wieder „ins Zentrum der Politik“ zu rücken. Genau wie Berninger lehnt allerdings auch Heil die Schaffung eines Ombudsmannes für die Interessen der jungen Generation ab. „Wir brauchen keine Alibi-Veranstaltung.“ Der CDU-Chef im niedersächsischen Landtag, David McAllister (32), sagte dieser Zeitung, „die wahren Probleme der Demografie werden noch immer verdrängt“. Deshalb müsse rasch über den Umbau der Solidarsysteme, steuerliche Entlastung für Familien mit Kindern und das Ende des Schuldenstaats gesprochen werden.

JU-Chef Mißfelder hat sich unterdessen für seine Formulierungen zur Gesundheitspolitik entschuldigt, nicht aber für den Inhalt. „Es tut mir Leid, dass ich Gefühle verletzt habe“, erklärte Mißfelder im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Am Sonntag hatte der Nachwuchspolitiker gefordert, zum Beispiel künstliche Hüftgelenke für alte Menschen aus dem Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung herauszunehmen. Seine Entschuldigung will Mißfelder allerdings nicht als Einknicken verstanden wissen: „An meinem Thema Generationengerechtigkeit halte ich fest.“

Auf die Vorwürfe des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber, Mißfelder solle sich mit der katholischen Soziallehre vertraut machen, um nicht solchen „Unsinn“ zu reden, erwiderte der JU-Chef: „Ich äußere mich gerne zu Sachfragen. Aber als einen solchen Beitrag habe ich Stoibers Bemerkung nicht verstanden.“ Familienministerin Renate Schmidt forderte den JU-Chef auf, seine Äußerungen zurückzunehmen: „Wenn Herr Mißfelder davon Abstand nimmt, dann kehren wir hoffentlich wieder zu einer vernünftigen Diskussion zurück.“

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