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Politik: Juristen gegen Verbote von Kopftüchern

Kongress befürwortet Islamunterricht

Berlin - Der 68. Deutsche Juristentag hat sich indirekt gegen weitere Kopftuchverbote für Lehrerinnen ausgesprochen, wie sie in mehreren Bundesländern erlassen worden sind. Dienstrechtliche Einzelentscheidungen seien generellen Verboten vorzuziehen, beschlossen die Juristen am Donnerstag bei ihrer rechtspolitischen Tagung in Berlin. Gleichwohl gelte für Lehrer, sie sollten sich bei religiösen Bekundungen zurückhalten . Allerdings seien religiöse Symbole und Bekundungen in der Schule nicht grundsätzlich unvereinbar mit der Neutralität des Staates. Der Staat soll zudem darauf hinwirken, islamisch-theologische Studiengänge zur Ausbildung islamischer Religionslehrer einzurichten. Islamischer Religionsunterricht soll einen Status bekommen, wie ihn die Verfassung auch für den christlichen Religionsunterricht vorsieht.

In der Diskussion um den privilegierten Status von Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts sieht der Juristentag keinen Handlungsbedarf. Insbesondere müsse für den Islam keine „religionsspezifische Form der Rechtspersönlichkeit“ eingeführt werden, wie es verschiedentlich gefordert wurde, weil die Muslime Schwierigkeiten hätten, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Körperschaftsstatus zu erfüllen. Insgesamt forderte der Juristentag, den Dialog mit Muslimen zu fördern. Religionskonflikte, etwa um Schulkreuze, seien „in föderaler Vielfalt“ zu lösen.

Skeptisch verhielt sich der Juristentag zu den mittlerweile per Gesetz erlaubten Absprachen in Strafprozessen. Generalbundesanwältin Monika Harms hatte zuvor kritisiert, solche Absprachen verletzten „die Würde der Justiz“, weil Verdächtige nicht mehr gleich behandelt würden und das Vertrauen in den Rechtsstaat untergraben werde. Der „Deal“ werde von der Ausnahme zur Regel und führe zu einem Systemwechsel im Strafprozessrecht. Der Juristentag ist zwar der Ansicht, die Beschleunigung von Verfahren dürfe nicht dazu führen, Verfahrensgarantien einzuschränken; der „Deal“, wie er aktuell im Gesetz geregelt sei, sei jedoch akzeptabel. Der Gesetzgeber müsse die Regeln aber prüfen; für einen „Deal“ sei ein qualifiziertes Geständnis erforderlich.

In der Diskussion um die Regulierung der Finanzmärkte soll der Gesetzgeber nach Ansicht des Juristentags künftig vorgeben, wann Banken im Krisenfall als „systemrelevant“ einzustufen sind. Eine Sonder-Fusionskontrolle für Finanzinstitute soll Zusammenschlüsse verhindern, die zu systemrelevanten Unternehmensstrukturen führen (Too-big-to-fail-Strukturen). Auf dem Kongress ging es auch um den Arbeitsmarkt. Die Delegierten wandten sich gegen Koalitionspläne, die Grenze für geringfügige Beschäftigung von 400 Euro monatlich auszuweiten; zugleich forderten sie einen gesetzlichen Mindestlohn. Er soll „ein angemessenes Entgelt für Vollzeitarbeit und Ernährung der Familie gewährleisten“ und so bemessen sein, dass auch im Alter keine Transferleistungen notwendig sind.

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