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Justiz: Kreml will stalinistische Haftmethoden abschaffen

Russland will seinen Strafvollzug reformieren. Die Haftbedingungen sollen künftig "zivilisiert" sein wie im Westen. Auch das Polizeiwesen soll umgebaut werden.

Russland will seinen Strafvollzug von Grund auf erneuern und damit auch Haftbedingungen wie zu Zeiten des Sowjetdiktators Josef Stalin ein für alle Mal abschaffen. Das teilte der russische Justizminister Alexander Konowalow russischen Agenturen zufolge in Moskau mit. Der derzeitige Strafvollzug, "der noch auf Stalins Konzentrationslager zurückgeht", solle durch ein milderes System abgelöst werden. Als Ziel nannte der Minister Haftbedingungen wie in der westlichen "zivilisierten Welt".

Menschenrechtler hatten die Zustände in russischen Lagern und Gefängnissen immer wieder als "Hölle auf Erden" kritisiert. Auch der russische Präsident Dmitrij Medwedjew hatte das aktuelle Strafvollzugssystem am Donnerstag in einem Fernsehinterview angeprangert und Reformen angemahnt. Der Kremlchef entließ wegen der unmenschlichen Zustände zuletzt bereits 17 hohe Beamte.

Als Initialzündung der Reformen gilt der Tod des Anwalts Sergej Magnizki, der unlängst nach offiziellen Angaben an Herzversagen in Untersuchungshaft gestorben war. Der rätselhafte Fall hatte international für Aufsehen gesorgt.

Konowalow zufolge soll nun ein differenzierteres System mit der Möglichkeit alternativer Strafmethoden eingeführt werden. Für Schwerverbrecher sollen besonders gesicherte Gefängnisse nach westlichem Vorbild entstehen. "Außerdem müssen wir ohne Zweifel die Qualität der sozialen Wiedereingliederung ehemaliger Gefängnisinsassen erhöhen. Hier geht es nicht um Wohltätigkeit, sondern um den Schutz der Gesellschaft", sagte der Minister. Damit solle das Risiko gesenkt werden, dass einmal Straffällige erneut Verbrechen begehen.

Auch in der russischen Polizei gibt es offenbar dringenden Reformbedarf: Ein großer Teil der Sicherheitsorgane steht in der Kritik, korrupt und in kriminelle Strukturen verwickelt zu sein. Zudem waren zuletzt wiederholt Zivilisten bei polizeilichen Übergriffen getötet worden.

Medwedjew unterzeichnete nun ein Dekret, das in den nächsten zwei Jahren eine Reduzierung der Polizisten um 280.000 Mitarbeiter oder 20 Prozent auf 1,12 Millionen vorsieht. Außerdem müssen Anwärter für den Polizeidienst künftig Eignungstests absolvieren. Weiterhin soll es in den Dienststellen künftig ein Rotationssystem geben, damit die oft kritisieren Seilschaften durchbrochen werden. Außerdem ist dem Erlass zufolge eine bessere Bezahlung geplant.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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