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Politik: K-Frage: Die Stunde der Entscheidung

Der Streit über die Kanzlerkandidatur in der Union wird zum Nervenkrieg. CSU-Chef Edmund Stoiber brachte am Samstag die Bundestagsfraktion als das Gremium ins Spiel, das im Streitfall "logischerweise" zwischen ihm und CDU-Chefin Angela Merkel entscheiden müsse.

Von Robert Birnbaum

Der Streit über die Kanzlerkandidatur in der Union wird zum Nervenkrieg. CSU-Chef Edmund Stoiber brachte am Samstag die Bundestagsfraktion als das Gremium ins Spiel, das im Streitfall "logischerweise" zwischen ihm und CDU-Chefin Angela Merkel entscheiden müsse. Ebenso wie Unions-Fraktionschef Friedrich Merz forderte er eine Entscheidung noch im Januar. "Der geeignete Zeitpunkt ist gekommen", sagte Stoiber. Sein Staatskanzleichef Erwin Huber warnte Merkel im Tagesspiegel am Sonntag davor, eine Entscheidung "auf Biegen und Brechen" zu erzwingen. Auf einer im Kampf erstrittenen Kandidatur würde "kein Segen" liegen.

Stoiber sagte der "Bild am Sonntag", er habe mit Merkel vereinbart, sich "rasch" nach den Klausurtagungen der Union zusammen zu setzen. Die CSU-Landesgruppe trifft sich von Montag bis Mittwoch in Wildbad Kreuth, der CDU-Vorstand am Freitag und Sonnabend in Magdeburg. "Ich baue darauf, dass Angela Merkel und ich eine gemeinsame Entscheidung über die Kanzlerkandidatur treffen", sagte Stoiber. Indirekt machte er erneut seinen eigenen Anspruch deutlich. Merkel werde in jedem Fall eine "dominante Rolle" in der Politik spielen, sagte der CSUVorsitzende. Sollte es keine Einigung geben, werde "logischerweise" die gemeinsame Fraktion eine Empfehlung abgeben. Merz sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", bis Ende Januar müsse "die Sache geklärt sein".

Huber sagte dem Tagesspiegel am Sonntag, es dürfe in der Kandidatenfindung keine "Verletzungen" und keine "Verlierer" geben. "Würden wir unseren gemeinsamen Kanzlerkandidaten im Wettstreit nach einer Kampfabstimmung benennen, dann würde das die Erfolgsaussichten für die Bundestagswahl von vornherein entscheidend schmälern und damit den Segen von einer Kanzlerkandidatur nehmen." Stoiber wolle "auf keinen Fall" eine öffentliche Auseinandersetzung, sagte Huber. Darum habe er sich stets an den Zeitplan gehalten und auch darauf verzichtet, einen eigenen Anspruch offiziell anzumelden. Es wäre viel gewonnen, wenn "andere" sich ebenfalls an die besprochene Vorgehensweise hielten.

Im Merkel-Lager wurden die Äußerungen Stoibers und Hubers als Versuch gewertet, den Druck auf die CDU-Vorsitzende zu erhöhen. "Das ist Fingerhakeln", hieß es. Stoiber versuche, schon vor dem Vier-Augen-Gespräch "den Sack dicht zu machen". Er bringe deswegen entgegen der Abmachung, dass die beiden Parteivorsitzenden nicht nur zur Person, sondern auch zum Verfahren der Kandidatenkür einen gemeinsamen Vorschlag vorlegen sollten, jetzt schon die Fraktion ins Spiel. Unter den CDU- und CSU-Abgeordneten im Bundestag gilt dem CSU-Chef Stoiber die Mehrheit als sicher. Merkel aber erklärte sich dennoch in der "Welt am Sonntag" zur Kanzlerkandidatur bereit. Sie sagte: "Als ich mir vor dem Parteitag 2000 die Frage stellte, ob ich als Parteivorsitzende antreten soll, habe ich mir damals auch über die damit verbundene Frage einer Kanzlerkandidatur eingehend Gedanken gemacht - sonst wäre ich blauäugig gewesen. Das, was im Jahre 2000 für meine Überlegungen galt, gilt auch heute: Ich bin bereit zu einer Kanzlerkandidatur." Auf eine kritische Situation in der Fraktion, die sich am 22. Januar zum ersten Mal wieder trifft, will es Merkel aber offenbar nicht ankommen lassen.

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