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Horst Seehofer: scheidender Ministerpräsident von Bayern und künftiger Bundesinnenminister.

© Andreas Gebert/dpa

Kabinett der großen Koalition: Seehofer und Scholz - zwei gegen Merkel?

Inneres, Heimat, Bauen: Das Ressort des Christsozialen kann sich sehen lassen. An der Heimat hat auch ein Hamburger Bürgermeister Interesse. Zusammen könnten sie Erfolg haben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die Christlich-Soziale Union hat gewählt, gewissermaßen. Sie hat die ausgewählt, die in der großen Koalition den Anteil vertreten sollen, den die bayerische Regionalpartei an der ganzen Union hat. Was nach wenig klingt, ist dennoch viel; wie wir nicht erst seit dem angekündigten Wechsel des Ministerpräsidenten Horst Seehofer ins Bundeskabinett wissen.

Denn es ist nicht so, dass das Bundesinnenministerium, reserviert für Seehofer, eine Art „Austragshäusl“ für ihn wäre. Er ist ja nicht der Altbauer, der noch unbedingt eine Beschäftigung benötigt. Vielmehr hat sich Seehofer mit der Unionsschwester gemeinsam ein Ressort zusammengebaut, das sich sehen lassen kann.

Lebenszufriedenheit kommt durch Wohnen, Sicherheit, Mobilität

Apropos bauen: Der Anteil „Bauen“ am Innenministerium ist nicht zu unterschätzen. Was macht die Lebenszufriedenheit der Menschen aus? Wohnen, Sicherheit, Mobilität. Und irgendwie ist Seehofer jetzt an allem beteiligt. Wenn sich die Bürger, die Wähler, sicher fühlen, dann wird der Ober-Bayer das auch für sich und „seine“ Polizei reklamieren. Zumal die Bundespolizei ganz ähnlich tickt wie er, also wie die bayerische Staatsregierung unter Seehofer. Das hat die Flüchtlingskrise gezeigt.

Auch das Stichwort „Heimat“ wird der CSU und Seehofer zugute kommen. Er kann auf Erfahrungen in Bayern aufbauen, wo der Finanzminister das Heimatministerium mitgeführt hat. Und weil es da um die ländlichen Gebiete gehen wird, die der Fürsorge bedürfen, auch der finanziellen, kann sich das zum Guten der CSU auszahlen.

Womit wir bei der Zusammenarbeit mit der SPD wären. Nicht zu unterschätzen ist, dass in Olaf Scholz als Finanzminister auch ein vormaliger Landesregierungschef der SPD dem Kabinett angehört. Er und Seehofer haben schon beim Länderfinanzausgleich zusammengearbeitet, gegen den damaligen Bundesfinanzminister von der CDU. Und haben ordentlich Kasse gemacht. Das werden sie einander nicht vergessen, im Positiven, was bedeutet: Für die Landstriche, die noch nicht so blühen nach fast 30 Jahren Einheit, werden die beiden schon noch den einen oder anderen Euro finden.

Gemeinsam mit Seehofer gegen Merkel, das könnte Scholz so passen

Hinzu kommt, dass Scholz als Vizekanzler Angela Merkels gewiss ein Interesse hat, einen Bundesgenossen in der Groko aus den Reihen der Union auf seiner Seite zu haben. In Seehofer hätte er noch dazu einen, der Merkel nicht immer folgt. Das könnte Scholz so passen, im Sinne von gefallen. Weshalb er dem Christ-Sozialen vielleicht auch von Zeit zu Zeit einen Gefallen tun könnte. Immerhin liegt bei Seehofer die Betonung auf dem Sozialen; das ist seine politische Herkunft, und das verbindet ihn mit den Sozialdemokraten.

Wenn Seehofer sich auf eine Zusammenarbeit mit Scholz einlässt und auf ihn hört, dann kann das eine glückliche Koalition in der Koalition werden. Was wiederum für Merkel nicht ganz so glücklich wäre. Aber wer sagt, dass sie das vier Jahre lang aushalten muss? Entweder, weil Seehofer nicht so lange machen will; oder weil Merkel selbst vorher aufhört. Wenn Europa oder die Uckermark ruft. Die übrigens auch ein ländlicher Raum ist, für den Seehofer in seiner neuen Funktion ruhig mal was tun kann. Ist doch Merkels Heimat.

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