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Ein Gazprom-Arbeiter kontrollierte im vergangenen Winter eine Leitung an der Gas-Station Sudzha nahe der ukrainischen Grenze. Es droht wieder ein Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine.

© dpa

Kämpfe in der Ukraine: Zumindest über die Gaskrise wird verhandelt

Moskau droht mit einem Lieferstopp für Gas, wenn Kiew nicht zahlt – was auch die EU-Versorgung gefährdet. Nun finden Gespräche statt. Moskau verlangt den gesamten IWF-Kredit als Bezahlung für bereits geliefertes Erdgas. Es geht um 3,5 Milliarden Dollar.

Die erste Begegnung, bei der die Regierungen  Russlands und der Ukraine um einen Tisch versammelt waren, liegt schon  gut zwei Wochen zurück. Und es lässt sich  wahrlich nicht behaupten, dass die Übereinkunft von Genf  bisher zur Beruhigung der Lage beigetragen hätte. Da muss es schon als positives Zeichen gewertet werden, wenn inmitten der weiter eskalierenden Lage in der Ostukraine erneut ein Treffen  zustande kommt – wenn es auch „nur“ um die Auswirkungen der Sicherheitskrise auf den Gassektor ging. „Wir sind alle erwachsene Leute und haben uns sehr sachlich und ernsthaft unterhalten“, sagte EU-Kommissar Günther Oettinger nach seinem Gespräch mit den Energieministern  Russlands und der Ukraine, Alexander Nowak und Yuri Prodan, sowie Industrievertretern beider Seiten in Warschau: „Dass dabei keine freundschaftlichen Gesten über den Tisch kamen, war von vornherein klar.“

Yuri Prodan ist Energieminister der Ukraine. Sein Land ist dringend auf die Energie vom großen Nachbarn Russland angewiesen.
Yuri Prodan ist Energieminister der Ukraine. Sein Land ist dringend auf die Energie vom großen Nachbarn Russland angewiesen.

© AFP

Vereinbart wurde, dass in zwei weiteren Gesprächsrunden bis Ende Mai ein Ausweg aus der sich anbahnenden Gaskrise gefunden werden soll. Erstmals musste Oettinger an diesem Freitag nämlich zugeben, dass  die Gasversorgung nicht nur der Ukraine, sondern der Europäischen Union „nicht garantiert ist“.

Grund ist der Konflikt zwischen Moskau und Kiew. Im Zuge dessen hat der russische Energiekonzern Gazprom die Lieferpreise zwei Mal dramatisch angehoben und dies sowohl mit Altschulden als auch mit dem Wegfall von Rabatten für die Versorgung der nun nicht mehr von der Ukraine kontrollierten Krim begründet. Statt 268 Dollar pro tausend Kubikmeter soll Kiew nun mit 485 Dollar fast das Doppelte zahlen. Aus Protest und wegen der klammen finanziellen Situation, in der das osteuropäische Land steckt, hat es seit Februar  aber überhaupt nichts mehr für das weiterhin gelieferte Gas überwiesen. Russlands Energieminister Nowak sagte nach dem Treffen, die offenen Rechnungen beliefen sich auf 3,5 Milliarden Dollar, die nun mit dem eben gewährten Großkredit des Internationalen Währungsfonds beglichen werden sollten.  Geschieht dies nicht, so die Moskauer Drohung,  werde Gazprom einen Passus des  2009 geschlossenen Lieferabkommens nutzen und  Vorkasse verlangen. Dies erhöht die Gefahr, dass der ohnehin angeschlagene Staatskonzern  „Naftogaz Ukrajiny“ nicht mehr zahlen kann und auch der Transit in Richtung der Europäischen Union unterbrochen wird.

Der russische Energieminister Alexander Nowak verlangt immer mehr Geld von der klammen Ukraine.
Der russische Energieminister Alexander Nowak verlangt immer mehr Geld von der klammen Ukraine.

© AFP

EU-Kommissionschef José Manuel Barroso hatte  schon Mitte April in einem Brief  an Kremlchef Wladimir Putin diesbezüglich seine „ernste Besorgnis“ ausgedrückt und von Putin vorgeschlagenen Verhandlungen zugestimmt. Im  deren Fokus steht laut Oettinger  nun, welcher Preis für bereits geleistete und zukünftige Lieferungen zu zahlen ist, und wie generell „eine Unterbrechung der Gaslieferungen verhindert werden kann“. Mit dem 16. Mai gibt es nun eine erste Deadline. Dann will Gazprom eine Rechnung für die Lieferung im Juni ausstellen, die bis 31. Mai gezahlt sein muss. Für diese  Zeit der Verhandlungen, so der deutsche Kommissar, habe die russische Seite eine Liefergarantie abgegeben. Ohne Einigung erlischt sie danach. Oettinger nannte die Tatsache, dass gerade in den Monaten Juni, Juli und August das  Gas schon für den hohen Verbrauch in den Wintermonaten gespeichert wird, als weiteren Grund dafür, dass eine schnelle Einigung wichtig sei.

Die Sorgen vor einer Gaskrise im nächsten Winter sind also bereits  vorhanden, da die fertig in der Schublade liegenden  Wirtschaftssanktionen gegen Russland noch gar nicht beschlossen sind. Barroso hat Putin in seinem Brief vorsorglich  daran erinnert, dass es „Gazproms Verantwortung ist, europäischen Unternehmen die vertraglich festgelegten Liefermengen bereit zu stellen“. Immerhin bemerkte  sein Energiemann Oettinger bei dem Warschauer Treffen den „guten Willen aller Beteiligten, den Gassektor nicht zum Instrument der Politik zu machen“.

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