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Politik: Kämpfer am runden Tisch

Die Verhandlungen mit Israel über einen Gefangenenaustausch haben die radikale Organisation Hisbollah gestärkt

Ob es wirklich zu einem Gefangenenaustausch zwischen der radikalen libanesischen Organisation Hisbollah und Israel kommen wird, ist ungewiss. Dennoch wird schon die an Bedingungen geknüpfte Zustimmung des israelischen Kabinetts in der libanesischen Presse als Erfolg für die islamistische Bewegung gewertet. Wenig überraschend spricht die Syrien nahe stehende Tageszeitung „As- Safir“ von einem „politischen Sieg“ der Hisbollah-Führung. Doch auch „An-Nahar“, die Hisbollah kritischer sieht, wertet es als deren Erfolg, dass der israelische Premier Ariel Scharon mit der Bewegung über die Freilassung auch palästinensischer Gefangener verhandelt und nicht mit der Autonomiebehörde. Indem Scharon mit dem Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah verhandelt, habe er ihn „zur wichtigsten politischen Figur im Nahen Osten gemacht“, heißt es weiter.

Israels Kabinett hatte am Sonntag mit knapper Mehrheit einem Gefangenenaustausch mit der Hisbollah zugestimmt. Dabei sollen der dubiose israelische Geschäftsmann Elhanan Tannenbaum und die Leichen von drei israelischen Soldaten gegen etwa 400 palästinensische und 19 libanesische und andere arabische Gefangene ausgetauscht werden. Allerdings weigert sich Israel, den Libanesen Samir Kantar von der Palästinensischen Befreiungsfront freizulassen, der 1979 eine israelische Familie ermordet hatte. Hisbollah-Führer Nasrallah hatte hingegen am Montag im Fernsehsender der Bewegung, „Al-Manar“, auf der Freilassung aller libanesischen Gefangenen bestanden.

Die Bundesregierung vermittelt seit Monaten mit absoluter Diskretion in der Gefangenenfrage. Nach Angaben israelischer Medien soll Geheimdienstkoordinator Ernst Uhrlau dazu in der Region gewesen sein. Beobachter gehen zwar davon aus, dass die Verhandlungen weitergehen werden. Der israelische Anwalt der libanesischen Gefangenen, Zvi Rish, ist jedoch pessimistisch. „Das ist das Ende“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Beide Seiten hätten zu hoch gepokert.

Doch die libanesische Hisbollah ist dadurch in der Region aufgewertet. Das kommt ihr gelegen. Denn zwar präsentiert sich die Bewegung in der arabischen Welt als die Macht, die Israel vor zwei Jahren militärisch zum Abzug aus Südlibanon gezwungen hat. Doch es stellt sich auch die Frage, welche Daseinsberechtigung die Hisbollah seither hat. Im Süden Libanons ist es zudem nur teilweise gelungen, die wirtschaftlichen Verluste für die Bevölkerung infolge des Abzugs der Israelis wettzumachen.

Außerdem droht mit dem amerikanischen Druck auf Syrien, das die Bewegung unterstützt, auch die Hisbollah Probleme zu bekommen. Der Parlamentsabgeordnete der Organisation, Mohammed Raed, sagte, man wolle den USA keinen „Vorwand“ für weiteren Druck bieten. Für die gewaltsamen Auseinandersetzungen an der Grenze zu Israel in den vergangenen Wochen „ist nicht die Hisbollah verantwortlich“. Das seien andere libanesische Gruppen, erklärt Raed. Vor diesem Hintergrund kann sich die Hisbollah durch seine Verhandlungen mit Israel als Vertreter der arabischen Interessen präsentieren. Denn die Mehrzahl der Gefangenen, für deren Freisetzung sich Nasrallah einsetzt, sind nicht libanesischer Herkunft. Und dass die Hisbollah Israel zu Verhandlungen bringt in Zeiten, in denen das Land Syrien bombardiert und Gespräche mit der palästinensischen Autonomiebehörde auf Eis gelegt hat, bleibt in der arabischen Welt auch nicht unbemerkt.

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