zum Hauptinhalt

Politik: „Kaliningrad-Konflikt kann Putin politisch schaden“

Sonderbeauftragter Dmitrij Rogosin über die Gespräche mit der EU

Nach Ansicht von Präsident Putin ist das Problem Kaliningrad eines der wichtigsten außenpolitischen Themen. Warum hat Kaliningrad eine so zentrale Bedeutung?

Es ist nicht nur ein außenpolitisches, sondern auch ein innenpolitisches Problem. Schließlich geht es um die Möglichkeit des freien Reiseverkehrs der Bürger ein und desselben Staates.

Wie sollte man nach dem EU-Beitritt Polens und Litauens den Transit nach Kaliningrad gestalten?

Die Lösung muss den Zielen der Gesetzgebung der EU entsprechen und die Verfassungsrechte der russischen Bürger schützen. Das Schengener Abkommen verlangt Transit-Visa für Bürger, die über die Schengen-Zone in ein anderes Land fahren. Der Fall Kaliningrad ist darin aber gar nicht vorgesehen. Uns geht es um einen reibungslosen Reiseverkehr zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den anderen Teilen Russlands. Ein Zug könnte das litauische Gebiet ohne Haltestellen und mit hoher Geschwindigkeit passieren.

Eine Fahrt mit dem eigenen Auto wäre dann nicht möglich?

Die Frage ist, wie man das so gestaltet, dass dies erleichtert wird. Vielleicht könnte man die Visa an der Grenze ausgeben. Polen und Litauen werden ja erst einige Jahre nach dem EU-Beitritt Mitglieder des Schengener Abkommens. Die Kontrollen zwischen diesen Ländern und den Ländern der Schengen-Zone werden bis dahin beibehalten. Langfristig hoffen wir, dass die EU auch mit Russland ein Abkommen über Visafreiheit schließt, wie sie es mit 45 Ländern hat.

Wie bewerten Sie die bisherigen Kontakte mit der EU?

Bisher gibt es keine Verhandlungen, nur Erklärungen beider Seiten – zwei Monologe. Da dieses Problem für die russische Öffentlichkeit von großer Bedeutung ist, hat der Präsident die Initiative übernommen. Unsere Expertengruppe hat nun einen Vorschlag erarbeitet.

Wie sieht dieser Vorschlag aus?

Er muss erst vom Präsidenten verabschiedet werden. Wir haben unsere Position für die Verhandlungen mit der EU zu 90 bis 95 Prozent überarbeitet. Nun hoffen wir auf die gleiche Gegenliebe seitens der EU. Es geht gar nicht um eine Veränderung des Schengener Abkommens, sondern darum, die Flexibilität des Abkommens zu nutzen. Man muss nur den politischen Willen dazu haben.

Wie wird Russland reagieren, wenn die EU dabei bleibt, dass auch für den Transit Visa erforderlich sind?

Das wird die russische Seite nicht akzeptieren. Und es wird dann in der russischen Öffentlichkeit zu einem Aufschrei kommen.

Würde das Putin innenpolitisch schaden?

Das können Sie sich denken. Aber es würde auch der europäischen Integration Schaden zufügen. Es wäre eine große und unverzeihliche Dummheit, die Geschichte der Konflikte in der Region fortzusetzen.

Das Gespräch führte Claudia von Salzen.

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false