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Eine saudische Artillerie-Einheit feuert von der saudisch-jemenitischen Grenze aus auf mutmaßliche Stellungen der Huthi-Rebellen im Jemen.

© Faisal al Nasser/Reuters

Kampf gegen die Huthi-Rebellen: Der Jemen spaltet die Region

Pakistan und die Türkei wollen nicht in eine Schlacht gegen die Huthi-Rebellen im Jemen ziehen - und Ägypten zögert noch. Saudi-Arabien verliert langsam die Geduld mit den potenziellen Verbündeten.

Der emiratische Staatsminister ließ alle diplomatischen Rücksichten fallen. „Das wird euch teuer zu stehen kommen“, twitterte Anwar Mohammed Gargash in Richtung Islamabad, Minuten nachdem das pakistanische Parlament einstimmig den Einsatz von Bodentruppen im Jemen abgelehnt hatte. Drei Wochen dauert nun schon der Krieg an der Südspitze der Arabischen Halbinsel – und es läuft nicht gut für die arabische Militärallianz. Mehr als 1200 Luftangriffe haben die reichen Golfstaaten mit Saudi-Arabien an der Spitze bisher geflogen. Doch der Vormarsch der Huthis und der mit ihnen verbündeten Elitetruppen von Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh geht weiter. Die Hafenstadt Aden haben die Rebellen weitgehend unter ihre Kontrolle gebracht. Die humanitäre Lage ist dramatisch, die Zahl der zivilen Opfer steigt, die Staatsverwaltung ist kollabiert. In der Grenzregion zwischen Jemen und Saudi-Arabien häufen sich schwere Gefechte. Der UN-Sicherheitsrat hat am Dienstag die Huthi-Rebellen mit einem Waffenembargo belegt und zum Rückzug aus den von ihnen besetzten Gebieten aufgefordert. Für eine entsprechende Resolution stimmten am Dienstag am UN-Sitz in New York 14 der 15 Mitglieder des Gremiums - Russland enthielt sich.

Das wird jedoch nichts an der Tatsache ändern, dass die Kriegsherren der „Operation Entschiedener Sturm“ ohne den Einsatz von Bodentruppen den Jemen nicht unter ihre Kontrolle bringen werden. Geht es nach den Vorstellungen der reichen Potentaten vom Golf, sind jetzt vor allem die drei sunnitischen Regionalmächte Pakistan, Türkei und Ägypten gefragt.

Als erste winkte am vergangenen Freitag Pakistan kategorisch ab, obwohl mehr als fünf Millionen Pakistaner am Golf arbeiten, das Land gerade einen Großkredit von 1,5 Milliarden Dollar erhielt und der jetzige Präsident Nawaz Sharif nach seinem Sturz 1999 viele Jahre in Saudi-Arabien Asyl genoss. Am Wochenende stellte auch der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan klar, dass er sein Land in einer Vermittlerrolle und nicht als Kriegspartei sieht. Angesichts der positiven Atomgespräche will es sich Ankara wegen Jemen nicht mit Teheran verderben. Und so bleibt Ägypten, das über die größte Armee des Nahen Ostens verfügt und dessen Regime seit dem gewaltsamen Sturz des Muslimbruder-Präsidenten Mohamed Mursi am finanziellen Tropf von Saudi-Arabien, den Emiraten und Kuwait hängt.

„Wir werden alles tun, was für unsere nationale Sicherheit erforderlich ist“, erklärte Ägyptens Botschafter in Sanaa und brachte auch eigene Bodentruppen ins Gespräch. Kairos Verteidigungsminister Sedky Sobhy reiste nach Riad zu Gesprächen mit seinem 34-jährigen Amtskollegen Mohamed bin Salman, einem Sohn des saudischen Königs, dem viele Generäle am Nil nicht trauen. 48 Stunden später stimmte Ex-Feldmarschall und Präsident Abdel Fattah al Sissi erstmals die beunruhigte Bevölkerung auf einen möglichen Kriegszug ein. „Wir können die Golfstaaten nicht im Stich lassen“, erklärte er in einer Fernsehrede.

Und so wächst in der Gesellschaft die Angst, ihre Wehrpflichtigen könnten bald 2000 Kilometer entfernt als Kanonenfutter verheizt werden. Schon einmal vor 50 Jahren hatte sich Kairo mit einem 70000 Mann starken Heer in Jemens innere Konflikte eingemischt, ein fünfjähriges Militärabenteuer, das 26000 Soldaten das Leben kostete. Einen Vergleich mit „Ägyptens Vietnam“ wies Sissi jedoch kategorisch zurück. „Unsere damalige Intervention und die heutige Realität sind sehr verschieden.“

Gleich geblieben allerdings sind das undurchdringliche Territorium und die unberechenbaren jemenitischen Stammeskrieger. Und so mehren sich in Ägypten auch unter eingeschworenen Sissi-Anhängern die skeptischen Töne. „Wir sollten uns nicht in einen Krieg stürzen“, warnte der prominente Intellektuelle Mohamad Heikal, der zu den Beratern des Regimes gehört. „Jemen ist ein schlafender Vulkan im Süden der Arabischen Halbinsel. Wenn er ausbricht, wird die ganze Region beben.“

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