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Politik: Kampf gegen Terror: In den Bergen verschanzt

Es ist eine Frage der Zeit, bis die Stadt Kandahar, die letzte Bastion der Taliban, fällt. Ein blutiger Endkampf ist zu erwarten.

Es ist eine Frage der Zeit, bis die Stadt Kandahar, die letzte Bastion der Taliban, fällt. Ein blutiger Endkampf ist zu erwarten. Wie blutig, wurde am Dienstag deutlich: Bei US-Bombardements wurde ein Flüchtlingstreck auf der Straße zwischen Kandahar und der pakistanischen Grenze getroffen. Ein Flüchtling aus Kandahar berichtete am Dienstag von zahlreichen Toten. Die Straße sei schwer beschädigt. "Gestern habe ich am Straßenrand zwei Traktoren mit umgestürzten Anhängern gesehen. Sie transportierten zwei Flüchtlingsfamilien aus Kandahar. Es gab keine Überlebenden", sagte der Mann.

Zum Thema Online Spezial: Kampf gegen Terror Afghanistan: Wege jenseits der Bomben Bundeswehr-Einsatz: Deutschland und der Krieg Fotostrecke: Krieg in Afghanistan Auch wenn es am Dienstag für die Anti-Taliban-Kräfte vor Kandahar vereinzelt Rückschläge gab, dürfte es keinen organisierten Widerstand in der Stadt geben. Denn es herrscht Chaos bei den Taliban. Mullah Omar hat keinen Kontakt mehr zu seinen Kommandeuren. Überhaupt hat der Taliban-Führer keinen Kontakt mehr zur Außenwelt. Nach Angaben des pakistanischen Geheimdienstes hat er sich mit etwa 30 Bewachern in den Oruzgan-Bergen versteckt.

Schon in den ersten Tagen der amerikanischen Bombardements ab dem 7. Oktober wurden die Kommunikationssysteme der Taliban gründlich zerstört. Dies sei der Hauptgrund für den überraschend schnellen Zerfall der Taliban, erklären jetzt die Geheimdienste. Die Taliban-Kommandeure konnten weder die Verteidigung der ehemaligen afghanischen Machthaber koordinieren noch mit dem Führungsstab in Kandahar kommunizieren. Völlig auf sich gestellt, entschieden sich die Kommandeure meistens für einen Rückzug, um das Leben ihrer Kämpfer zu schützen.

Trotz dieser Strategie haben die Taliban bis heute 6000 Kämpfer verloren. Der Rückzug war oft chaotisch. Wichtige Taliban-Führer sind in die Hände der Nordallianz gefallen. So gelang es General Ismail Khan in Westafghanistan, an einem einzigen Tag drei Gouverneure gefangen zu nehmen. In den Städten Mazar-i-Sharif und Kundus im Norden des Landes fielen die wichtigsten Taliban-Führer in die Hände des Nordallianz-Generals Abdul Rashid Dostum.

Die Tatsache, dass sich so viele hochrangige Taliban im Norden des Landes aufhielten, beweist, wie wichtig die Städte Mazar-i-Scharif und Kundus für sie waren. Andere wichtige Politiker wie Bildungsminister Mullah Amir Khan Mutaqqi und der Außenminister Wakil Ahmad Mutawwakil sind einfach verschwunden.

Da mehrere Taliban-Führer entweder in Gefangenschaft oder auf der Flucht sind, werden die Taliban durch Mohammad Tayyab Agha, einen 24-jährigen Islamstudenten, in der Öffentlichkeit vertreten. Agha spricht Englisch, Arabisch, Urdu, Pashto, und Persisch. Aber er hat kaum Antworten zu bieten, da er selbst keinen Kontakt zu Mullah Omar und der Taliban-Führung hat. Die einfachen Taliban-Kämpfer auf der Flucht versuchen, über die Grenze nach Pakistan zu gelangen und dort unterzutauchen.

Die ausländischen Taliban versuchen derweil, Kontakt zu einschlägigen Reisebüros in Karachi aufzunehmen. Sie suchen einen illegalen Weg in Drittländer. Viele ausländische Taliban hatten wenig Verbindung zu ihren Heimatländern. Sie haben sich in Afghanistan geheiratet und Familien gegründet. In ihren Häusern in Kabul leben heute die Usbeken und Tadschiken der Nordallianz. Die pakistanischen Grenzstädte Chamman, Quetta und Peshawar erleben eine Flut arabischer Mütter. Sie hoffen, dass ihre Söhne bald über die Grenze kommen.

Ashwin Raman

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